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70 Alexander Auf der Heyde
men angewandte Schema ist immer das gleiche : Maßgebliche Konzepte und Probleme
werden in ihrer begriffsgeschichtlichen Genese dargestellt, bis Eitelberger am Ende die
Brücke zur Aktualität findet, indem er seinen eigenen Standpunkt darlegt oder (rhe-
torische) Fragen an sein Publikum richtet. Erklärtes Ziel dieser Initiative ist, mittels
eines theoretischen Regulativs den seit einem halben Jahrhundert andauernden Fehl-
entwicklungen im Wiener Kunstleben zu begegnen. Als kritischer Beobachter ist sich
Eitelberger einer gegenwärtigen Krise der Kunst bewusst, im Gegensatz zu Hegels viel
zitierter These, der zu Folge die bildenden Künste nicht mehr in der Lage sind, »dem
Geiste seine wahrhaften Interessen zum Bewußtseyn zu bringen«, ihr Erkenntniswert
vielmehr in der radikalen Historisierung bestehe,3 will der Wiener Gelehrte die Kunst
gegenwartstauglich machen, indem er sie auf den Boden des Handwerks zurückführt
und mit dem Leben versöhnt.
In ihrer Kulturgeschichte der Wiener Ringstraße (1979) hat Elisabeth Springer Ei-
telberger etwas pointiert als »Kunstdemagogen« bezeichnet.4 In der Tat handelt es sich
bei seinen Vorlesungen im Kontext des Wiener Vormärz um eine hochpolitische Ver-
anstaltung und das wird recht deutlich in seiner Antrittsrede, gehalten bei Eröffnung der
Vorlesungen über Theorie und Geschichte der bildenden Künste am 26. Oktober 1847 und in
der Eröffnungsveranstaltung des darauffolgenden Sommerkurses.5 Dort heißt es we-
der Kunstgeschichte und die Kunst ihrer Zeit. Zum Verhältnis von Methode und Forschungsgegen-
stand am Beginn der Moderne, Wien/Köln/Weimar 2005, S. 8, aber vgl. auch die Eitelberger be-
treffenden S.
11–34.
3 »Die Kunst« – so Hegel – »ladet uns zur denkenden Betrachtung ein, und zwar nicht zu dem Zwe-
cke, Kunst wieder hervorzurufen, sondern was Kunst sey wissenschaftlich zu erkennen«. G. W. F.
Hegel, Vorlesungen über Aesthetik (hg. von H.
G. Hotho), 2.
Auflage, Berlin 1842–1843, I, S.
16.
4 E. Springer, Geschichte und Kulturleben der Wiener Ringstraße (Die Wiener Ringstraße. Bild ei-
ner Epoche, Bd.
2), Wiesbaden 1979, S.
24. Springers Arbeit ist aufgrund des Reichtums der in ihr
herangezogenen unveröffentlichten Quellenmaterialien nach wie vor maßgeblich zur historischen
Würdigung Eitelbergers. Die Autorin macht allerdings keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegen-
über dem Wiener Gelehrten und dies hat zur Folge, dass sie die Rolle Eitelbergers im Vergleich zu
seinem Wiener Mentor Joseph Daniel Böhm m.
E. zu stark herunterspielt.
5 »Hat nicht die Zeit selbst, die zur Lösung dieser Fragen einen so ungeheuren Aufwand von Kräften
entwickelt, den Gelehrten den Fingerzeig gegeben sich mit dem Lebendigen am Alterthume und
nicht mit dem Todten zu beschäftigen ? Hat nicht die Zeit, welche den Gelehrten vorfordert, über
jene Punkte Aufklärung zu geben, worüber sie dieser bedarf, diesen genöthigt ihr in der Sprache
Rede zu stehen, in der sie die Frage stellt ?« R. Eitelberger von Edelberg, Antrittsrede, gehalten
bei Eröffnung der Vorlesungen über Theorie und Geschichte der bildenden Künste am 26.
Oktober
1847, in : Oesterreichische Blätter für Literatur und Kunst, 5, 1848, Nr. 14, 17.01., S. 49–51 und
Nr.
15, 18.01.1848, S.
53 f., hier S.
49. An dieser Stelle sei daran erinnert, dass Adalbert Stifter wohl
aufgrund des eminent politischen Charakters publikumswirksamer Veranstaltungen im Jahre 1847
nicht die Erlaubnis erhält, an der Universität Wien einen speziell für das weibliche Publikum ge-
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Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Titel
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Untertitel
- Netzwerker der Kunstwelt
- Autoren
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 562
- Kategorie
- Biographien