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76 Alexander Auf der Heyde
[…] alle Schwesterkünste der Musen mit gleicher Liebe«, schreibt Ficker in der zweiten
Auflage seiner Aesthetik (1840) und folglich behandelt er in seinem Geschichtlichen Ue-
berblick neben der Architektur (die er als historische ›Leitkunst‹ würdigt) und den ande-
ren bildenden Künsten (Plastik, Malerei, Druckgraphik) in gesonderten Kapiteln auch
die Gartenkunst, Tonkunst, Poesie, Redekunst und Schauspielkunst.19 Im Gegensatz
dazu gilt Eitelbergers prioritäres Interesse nicht etwa einer allgemeinen Theorie, son-
dern einer ›praktischen Ästhetik‹ der bildenden Künste : Fickers in die Breite gehendes
und schematisierendes System widerstrebt seinem Anliegen, am Einzelmonument das
Konzert der Künste darzustellen, und seine kunstarchäologischen Untersuchungen der
Jahre 1850–1860 zeigen, wie sich dieser theoretische Ansatz in der kunsthistorischen
Praxis niederschlägt.20
Eine weitere, maßgebliche Quelle für Eitelbergers kunsttheoretische Reflexionen ist
der Wiener Hofmedailleur Joseph Daniel Böhm, auf dessen Rolle bereits Julius von
Schlosser hingewiesen hat.21 Böhms kleine, aber ausgesprochen breit gefächerte Samm-
lung an Kunst und vor allem Kunstgewerbe des Mittelalters und der frühen Neuzeit
ist vor allem in den 1830er und 1840er Jahren ein wichtiger Anlaufpunkt für junge
Wiener Kunstforscher, die in dem Hofmedailleur einen ausgesprochen kompetenten
Ansprechpartner finden : Ihm ist es schließlich zu verdanken, dass der junge Eitelber-
ger am Umgang mit Originalen mit kennerschaftlichen Aspekten sowie mit Fragen
der Technik und der Materialästhetik konfrontiert wird.22 Darüber hinaus stößt Eitel-
berger durch Vermittlung Böhms auf die in seinen Vorlesungen am meisten zitierte
Quelle : Carl Friedrich von Rumohrs Italienische Forschungen (1827–1831).23 Während
Schlosser noch Zweifel an direkten Kontakten zwischen Rumohr und Böhm hegte, hat
19 F. Ficker, Aesthetik oder Lehre vom Schönen und von der Kunst in ihrem ganzen Umfange,
2.
Auflage, Wien 1840, S.
VII.
20 Stellvertretend sei in diesem Zusammenhang an seine Arbeiten über die Kunst im Friaul erinnert.
Vgl. dazu A. Auf der Heyde, Il Friuli e il suo patrimonio artistico negli scritti di Rudolf Eitel-
berger von Edelberg : questioni di metodo e politiche della tutela, in : La conservazione dei monu-
menti e delle opere d’arte in Friuli nell’Ottocento (hg. von G. Perusini/R. Fabiani), Udine 2014,
S.
15–26.
21 J. von Schlosser, Die Wiener Schule der Kunstgeschichte. Rückblick auf ein Säkulum deutscher
Gelehrtenarbeit in Österreich (1934), zit. nach der ital. Übersetzung : La scuola viennese di storia
dell’arte. Sguardo ad un secolo di lavoro di eruditi tedeschi in Austria, in : La storia dell’arte nelle
esperienze e nei ricordi di un suo cultore (hg. von S. Scarrocchia), Milano 2014, S. 67–227, hier
S.
69–73.
22 Vgl. E. Henszlmann, Daniel Joseph Böhm, in : Oesterreichische Revue, 4, 1866, S. 110–127, und
den Beitrag von Andrea Mayr im vorliegenden Band.
23 C.
F. von Rumohr, Italienische Forschungen, 3
Bde., Berlin/Stettin 1827–1831 (vorhanden in der
Bibliothek Eitelbergers).
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Titel
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Untertitel
- Netzwerker der Kunstwelt
- Autoren
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 562
- Kategorie
- Biographien