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»Die grosse Einheit der Kunst« 77
Edwin Lachnit bereits darauf verwiesen, dass Eitelberger die Arbeiten des norddeut-
schen Adeligen in seinen Frühschriften zitiert.24 Letztendlich schafft Rumohr selbst die
Zweifel aus dem Raum, indem er in seiner 1838 erschienenen Reise durch die östlichen
Bundesstaaten in die Lombardey von einem Aufenthalt in Wien spricht und in diesem
Zusammenhang die »kleine, doch gewählte Sammlung des Herrn Hofmedailleur und
Director Böhme [sic]« erwähnt.25 In jedem Fall ist es bemerkenswert, wie häufig die
Italienischen Forschungen in dem Wiener Vorlesungsmanuskript zitiert werden, und da-
bei beschränkt sich Eitelbergers Interesse an Rumohr keinesfalls auf den empirischen
Kunstforscher und Quellenkritiker, sondern gilt in erster Linie dem kontrovers rezipier-
ten »practische[n] Aesthetiker«26. Diese Bedeutung Rumohrs innerhalb der Vorlesungs-
reihe erschließt sich auf den ersten Blick anhand einer programmatisch anmutenden
Randglosse am rechten oberen Rand des ersten Manuskriptblattes : »Die ant[ike] K[un]
st nicht aus nackter Anwend[un]g ästhet[ischer] Prinz.[ipien] sondern Spieg[e]l d[e]s
Geisteslebens«.27 Mit diesem Satz warnt der Autor der Italienischen Forschungen davor,
die Antike als theoretisches Konstrukt in den Dienst gegenwartskünstlerischer Pro-
gramme zu stellen. Rumohrs Kritik richtet sich in erster Linie gegen das neoklassi-
zistische Antikenbild der Weimarer Winckelmann-Nachfolge, weil dieses einer noch
ausstehenden empirischen Erschließung der durch Quellen und Monumente belegten
historisch-geographischen Komplexität alter Kunst im Wege steht :
Allein auch die Ueberreste alter Kunst zeigen, wie jedem Unbefangenen bei einer Orienti-
rung einleuchten muß : daß in der Kunst des Alterthumes, welche uns Entlegenen einmal als
ein Ganzes, oder Gleichförmiges erscheint, welche wir daher wohl etwas zu allgemein und
französirt, die Antike, nennen, mehr, als eine Richtung des Geistes sich ausgedrückt ; das sie
durchhin der Spiegel des jedesmaligen Geisteslebens, nirgend nackte Anwendung ästhetischer
Principien sey.28
24 Schlosser, Die Wiener Schule der Kunstgeschichte (zit. Anm. 21), S. 73 ; Lachnit, Wiener
Schule (zit. Anm.
2), S.
129.
25 C. F. von Rumohr, Reise durch die östlichen Bundesstaaten in die Lombardey, und zurück über
die Schweiz und den oberen Rhein, in besonderer Beziehung auf Völkerkunde, Landbau und Staats-
wirtschaft, Lübeck 1838, S.
49.
26 Rumohr selbst bezeichnet sich so in einem Brief an Karl Otfried Müller (Rothenhausen,
08.05.1836). Vgl. F. Stock, Briefe Rumohrs an Otfried Müller und andere Freunde, in : Jahrbuch
der preuszischen Kunstsammlungen
– Beiheft, LIV, 1933, S.
1–44, hier S. 15.
27 Eitelberger, Programm der Vorlesungen »über Theorie der bildenden Künste« (zit. im Anhang,
S.
96), Bl.
1
r.
28 Rumohr, Italienische Forschungen (zit. Anm.
23), I, S.
108 f.
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Titel
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Untertitel
- Netzwerker der Kunstwelt
- Autoren
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 562
- Kategorie
- Biographien