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84 Alexander Auf der Heyde
produktive Leistung des Künstlerindividuums, auf dessen Spuren er sich in der Diskus-
sion von Begriffen wie »Genie, Phantasie und Begeisterung« begibt, was wiederum einer
Auseinandersetzung mit Goethes kunsttheoretischen Schriften geschuldet ist.55
Auch im siebten Themenkomplex des Vorlesungsprogramms tritt die Wirkung von
Rumohrs kunsttheoretischer Reflexion auf den jungen Eitelberger noch einmal klar in
Erscheinung. Hier formuliert er drei für den bildenden Künstler verbindliche Normen
der künstlerischen Darstellung : »Damit aber seine Persönlichkeit sich nie manierirend
oder modern karikatirend erniedrige muß die Darstellung 1)
[sich] an die Natur halten
und 2)
den Stoff des Kunstwerkes und 3)
den Gegenstand entsprechend auffaßen.«56 In
Punkt
1 bezieht er sich explizit auf Rumohrs Begriff der »Lebendigkeit« :
nichts als »Fabrikarbeit« (E. van der Nüll, Nähere Betrachtungen über die künstlerische Tendenz
des Brunnens der Vorstadt Wieden. Als Erwiderung der Kritik des Hrn. v. E., in : Kunstblatt. Als
außerordentliche Beilage der Sonntagsblätter, XXIII, 25.10.1846, Nr. 43, S. 1034–1037). Doch der
eigentliche Kern der Polemik ist Eitelbergers Entgegnung auf van der Nülls Behauptung, die Kritik
müsse sich darauf beschränken, die »logische Darstellung« des »konstruktiven Prinzips« zu begrei-
fen. Kunstwerke, so Eitelberger, sind keine Produkte logischen Denkens, sondern ihr Ursprung liegt
in der Fantasie des Künstlerindividuums : »Die Konception eines ächten Kunstwerkes beruht auf
dem lebendigen Durchdrungensein von der Schönheitsidee, die Phantasie muß den Künstler von
Anfang bis zur Vollendung eines Kunstwerks begleiten, und der Verstand, das ›logische‹ Element
kömmt nur dann in Frage, wenn es sich um äußerliche, mathematisch-mechanische, oder lokale
Verhältnisse handelt. Wo aber, wie bei dem Brunnen, das ›logische‹ Element vorherrscht, da wird
auch nur der Verstand befriedigt, und das habe ich nirgends geläugnet, daß das Ganze das Werk
eines nachdenkenden verständigen Künstlers gewesen. Da der Konzeption und Durchführung des
Brunnens auf der Wieden das beseelende begeisterte Element abgeht, so läßt er wie jedes bloße
Verstandesmachwerk kalt und gleichgültig. Ein Kunstwerk, sei es noch so klein, muß den ganzen
Menschen paken, den ganzen befriedigen ; und wenn das der Künstler erreicht hat, dann ist er ein
ganzer ächter Künstler ; alles andere ist nur Halbheit.« R. Eitelberger von Edelberg, Kritische
Anmerkungen zu den »näheren Betrachtungen«, in : Kunstblatt. Als außerordentliche Beilage der
Sonntagsblätter, XXIII, Nr. 43, 25.10.1846, S.
1038–1040, hier S.
1038.
55 Eitelberger misst Goethes kunsttheoretischen Reflexionen Zeit seines Lebens eine eminent wich-
tige Bedeutung zu und in diesem Sinne stellvertretend sei an das aus Künstlers Apotheose entlehnte
Motto seiner Waldmüller-Schrift (Eitelberger, Die Reform des Kunstunterrichtes [zit. Anm.
9],
S. 1) oder an den Vortrag über Goethe als Kunstschriftsteller (1882) erinnert (in : R. Eitelberger
von Edelberg, Die Aufgaben des Zeichenunterrichtes und vier kunsthistorische Aufsätze [Ge-
sammelte kunsthistorische Schriften von Rudolf Eitelberger von Edelberg, III], Wien 1884, S.
221–
261). Vgl. dazu M. Espagne, Rudolf Eitelberger von Edelberg (1817–1885) et les débuts de l’école
viennoise, in : L’école viennoise d’histoire de l’art (hg. von C. Trautmann-Waller), Mont-Saint-
Aignan 2011, S.
17–32, hier S.
19.
56 Eitelberger, Programm der Vorlesungen »über Theorie der bildenden Künste« (zit. im Anhang,
S.
104), Bl.
4r.
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Titel
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Untertitel
- Netzwerker der Kunstwelt
- Autoren
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 562
- Kategorie
- Biographien