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88 Alexander Auf der Heyde
griffen und mit entsprechenden Studienobjekten verknüpft haben, was in letzter Ins-
tanz zu einer ästhetischen Aufwertung der angewandten Künste beitragen kann. Ei-
telbergers frühe Schriften zur Medailleurskunst sind ein gutes Beispiel dafür, wie das
materialgemäße Gestalten im Kunsthandwerk als nunmehr eigenständige schöpferische
Tätigkeit nobilitiert werden soll.
Allein schon der Titel des Aufsatzes Ueber den Einfluß der Technik auf den Kunstwerth
der Medaille, mit dem Eitelberger im März 1844 in Cottas Kunstblatt debütiert, sugge-
riert, dass Medaillen dank ihrer Technik Gegenstand von ästhetischem und nicht allein
historisch-antiquarischem Interesse sind.67 Darin versucht er
– ausgehend von einer ab-
fälligen Bemerkung des jungen Burckhardt über den miserablen Zustand der Berliner
Medailleurskunst68 – deutlich zu machen, dass der Niedergang dieses speziellen Kunst-
zweiges nicht etwa auf äußere Faktoren (die »Ungunst der Zeiten«, den »schlechten
Geschmacke des Publikums« oder den »Mangel an verschwenderischen Mäcenen«),
sondern auf den »Krebsschaden der Kunst selbst« zurückzuführen sei : dass das Publi-
kum Medaillen nicht mehr als Kunstwerk, sondern als Fabrikarbeit wahrnimmt, liegt in
erster Linie an »dem Abweichen von der hergebrachten und dem Einführen einer auf
leeren Mechanismus begründeten Technik«.69 Wenige Monate später lobt er im Wiener
Kunstblatt die soeben mit dem Reichelpreis der Wiener Akademie ausgezeichnete Ru-
bensmedaille des Karl Radnitzky und den Sieg des Künstlers über seine Konkurrenten
67 Ähnliche Gedanken äußert H. Bolzenthal, Skizzen zur Kunstgeschichte der modernen Medail-
len-Arbeit (1429–1840), Berlin 1840, S.
III.
68 J. Burckhardt, Bericht über die Kunstausstellung zu Berlin im Herbste 1842 (Schluß), in : Kunst-
blatt, 24, 1843, Nr.
23, 21.03., S.
97–99, hier S.
97. Im letzten Teil seines Berichtes über die Berliner
Kunstausstellung im Herbst 1842 findet Burckhardt deutliche Worte über den Zustand der gegen-
wärtigen Medailleurskunst in Deutschland : »Die ausgestellten Medaillen und Münzen von Brandt
[Henri-François Brandt, 1789–1840], Loos [Gottfried Bernhard Loos, 1773–1843], Pfeufer [Chris-
toph Carl Pfeuffer, 1801–1861] wiederholen das betrübende Zeugniß von der gänzlichen Unfähig-
keit des jetzigen Deutschlands in diesem Fache. Für Auffassung und Modellirung der Köpfe wäre
es hohe Zeit, wieder einmal bei den Münzen der augusteischen Familie in die Schule zu gehen ; von
der wundersamen Weichheit eines J.
C. Hedlinger [Johann Carl Hedlinger,1691–1771], oder auch
nur von der halb handwerksmäßigen Technik eines Dacier [Jean Dassier,1676–1763] ist in diesen
plump aufgeklebten Profilen vollends keine Spur mehr. Von der prägnanten Symbolik, durch welche
ein Faktum in dem kleinen Raume dargestellt werden muß, scheint ebenfalls keiner dieser Me-
dailleurs eine Idee zu haben ; ohne weiteres werden mühselige historische Compositionen, welche
nicht einmal im Style eines Reliefs, sondern als gemalte Bilder gedacht sind, auf die Rückseiten hin-
gepfercht. Die Kunst der napoleonischen Zeit hat wahrhaftig, trotz aller kalten, prüden Classicität,
ganz andere Meisterwerke dieser Art hervorgebracht, und noch jetzt giebt es im Auslande Künstler,
deren Arbeiten die hier ausgestellten gewaltig verdunkeln würden. Wir brauchen blos Bovy in Genf
[Antoine Bovy, 1795–1877] zu nennen.«
69 Eitelberger, Ueber den Einfluß der Technik auf den Kunstwerth der Medaille (zit. Anm.
11).
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Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Titel
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Untertitel
- Netzwerker der Kunstwelt
- Autoren
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 562
- Kategorie
- Biographien