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Regine Prange unter Mitwirkung von Gerd Prange
Wissenschaft, Industrie und Kunst
Zur Konzeption der Disziplin Kunstgeschichte durch Rudolf von Eitelberger
Politische Ökonomie und Reform der Kunst
Das Kapital von Karl Marx beginnt mit folgendem Satz : »Der Reichtum der Gesell-
schaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine ›un-
geheure Warensammlung‹, die einzelne Ware als seine Elementarform.«1 Anschauliche
Gegenwart dieser (trügerischen) Erscheinungsweise des Reichtums bürgerlicher Ge-
sellschaften hatte zum ersten Mal die Londoner Weltausstellung von 1851 vermittelt,
die alle Gewerbe der Nationen, unter ihnen auch die Kunst, vor den staunenden Bli-
cken eines vielzähligen Publikums ausgebreitet hatte. Gemälde und Skulpturen waren
wie kunstgewerbliche Gegenstände aller Art in den direkten internationalen Vergleich
gestellt ; ihre ästhetische Qualität wurde nun als Medium der Handelsinteressen, aber
auch der Reputation der einzelnen Nationen wahrgenommen. In dieser neuen ökono-
mischen Situation gründet nicht zuletzt die Institutionalisierung der Kunstgeschichte
als universitärer Disziplin durch die nunmehr verstärkt auch im ästhetischen Feld kon-
kurrierenden modernen europäischen Staaten. Wie deren gewerbliche Interessen in die
konzeptionelle Begründung der jungen Disziplin eingegangen und wie sie gleichzeitig
verdeckt worden sind, lässt sich aus jener historischen Konstellation, in der auch Eitel-
berger zu situieren sein wird, erschließen. Dabei kommt der nachhaltigen, zugunsten
des romantischen Gesamtkunstideals wirksamen Absage an die der Aufklärung ver-
pflichtete Autonomieästhetik der Klassik besondere Aufmerksamkeit zu.2 Nur die
1 K. Marx, Das Kapital, Darmstadt 2013, S. 3 (Hervorhebung von K. M.). Er zitiert hier seine
Schrift Zur Kritik der politischen Ökonomie, Berlin 1859.
2 Vgl. R. Prange, Die Geburt der Kunstgeschichte, Köln 2004. Die hier dargelegte These einer ro-
mantischen Grundlegung der kunsthistorischen Theorie erweist sich, wie im Folgenden ausgeführt
wird, auch im Blick auf Eitelberger als zutreffend. Ergänzend kann hier gezeigt werden, dass nicht
erst Hegels Philosophie abgewehrt wird, sondern schon die kantische Tradition, hinter deren Ver-
nunftorientierung die Kunstwissenschaft mit Schelling zurückfällt, somit auch Vorschub leistend
gegen eine Rezeption materialistischer Theorie, die das idealistische Erbe noch einmal kritisch ge-
wendet hat. Der kunsthistorische Ausschluss dieses Denkraums ist zu deuten und dieser wiederum
fruchtbar zu machen, u. a. mit O. Negt, Kant und Marx. Ein Epochengespräch, Göttingen 2006.
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Titel
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Untertitel
- Netzwerker der Kunstwelt
- Autoren
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 562
- Kategorie
- Biographien