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160 Robert Stalla
in seinen Absichten bestärkt haben. Doch konnte er sich mit seinem Ziel, erstmals in
Wien eine Lehrkanzel für Kunstgeschichte einzurichten, nicht durchsetzen.18 Hierzu
hielt die Studienhofkommission in ihrem Bericht vom Frühherbst 1812 an die Hof-
kammer fest : »Auch die Kunstgeschichte dürfte mehr an der Akademie der bilden-
den Künste an ihrem Platze seyn, als bey dem technischen Institute. Wenigstens für
den ersten Anfang dieses Instituts scheint sie daselbst entbehrlich zu seyn.«19 Diese
Entscheidung, per Dekret vom 23.
Oktober 1812 endgültig beschlossen und wohl vom
Staatskanzler Clemens Fürst Metternich, seit 1811 Curator der k. k. Akademie der bilden-
den Künste, hintertrieben, ist im direkten Zusammenhang mit der dort in diesem Jahr
forcierten Neueinrichtung des Faches Kunsttheorie zu sehen.20
Gleichwohl markieren die am Wiener Polytechnikum zwischen 1810 und 1812 statt-
gehabten Diskussionen den Beginn einer neuen, die Bildungsgeschichte des 19. Jahr-
hunderts prägenden Entwicklung : die Gründung kunsthistorischer Lehrstühle an poly-
technischen Instituten bzw. Hochschulen. Trotz der neuen Ordinariate an den Uni-
versitäten in Königsberg, Bonn und Wien war nämlich »die Kunstgeschichte […] bis
zu dem Wiener Fachkongress von 1873 eine Hochschuldisziplin, die sich nur an den
Polytechniken etabliert hatte«,21 während sie an Universitäten, wie Bruno Meyer, Pri-
vatdozent für Kunstgeschichte an der königlichen Kunstschule in Berlin, 1872 monierte,
noch immer »das Aschenbrödel unter den modernen Wissenschaften« war.22
18 Zur Gründung einer Professur für Kunstgeschichte am Polytechnischen Institut in Wien erfolgt
1867
– zunächst noch mit der Einschränkung »Baukunst«.
19 AT-OeStA/AVA Unterricht StHK Teil 2 318 2, Z.
186/863, J.
1812 : Reaktion der Sthk. auf Prechtl’s
Organisationsplan an die Hofkammer.
20 UAAbKW, Verwaltungsakte 1811, fol. 416 und 417 : Gliederung der Schulen und Neueinrichtung
der Schulen für das Fach Kunsttheorie und fol. 8 : Beilage Promemoria zum Unterricht der Kunsttheorie.
Freundlicher Hinweis von Frau Prof. Dr. Beatrice Bastl, der ehemaligen Direktorin der Bibliothek
der Akademie der bildenden Künste Wien. Zur Rolle Metternichs als Kurator und zur Neuorga-
nisation der Akademie siehe : W. Wagner, Die Geschichte der Akademie der bildenden Künste in
Wien, Wien 1967, S.
63–72.
21 W. Beyrodt, Kunstgeschichte als Universitätsfach, in : Kunst und Kunsttheorie (hg. von P.
Ganz/M. Gosebruch/N. Meier/M. Warnke), Wolfenbüttler Forschungen, Bd. 48, Wiesbaden
1991, S.
323 f.
22 B. Meyer, Das Aschenbrödel unter den modernen Wissenschaften, in : Deutsche Warte 2, 1872,
S. 641–661. Hierzu ebenso die Einschätzung von Franz Xaver Kraus, seit 1872 außerordentlicher
Professor für christliche Kunstgeschichte in Straßburg : »Es wird eine Zeit kommen, wo man es un-
begreiflich finden wird, dass bei der Schilderung der weltgeschichtlichen Entwicklung der Mensch-
heit nicht auch der Kunstgeschichte ein breiter Raum gewährt war. […] beschämt wird man es einst
empfinden, dass das ›Aschenbrödel der modernen Wissenschaften‹ so lange von Haus zu Haus, von
Thüre zu Thüre wandern musste, ehe dem Fürstenkinde sein Recht geschah.« F.
X. Kraus, Über das
Studium der Kunstwissenschaft an den deutschen Hochschulen, Straßburg 1874, S.
24.
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Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Titel
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Untertitel
- Netzwerker der Kunstwelt
- Autoren
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 562
- Kategorie
- Biographien