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182 Timo Hagen
Ost ausgebreitet habe.30 Dies impliziert eine deutsche Prägung der romanischen Archi-
tektur Ungarns und kann als Legitimation des österreichischen Herrschaftsanspruchs
über Ungarn, dessen Autonomiebestrebungen mit der Niederwerfung der Revolution
zunächst in die Schranken gewiesen worden waren, gelesen werden.31 Eitelberger un-
terstützt diesen Eindruck, wenn er bemerkt, dass die Herausstellung der mitteleuropä-
ischen Provenienz der romanischen Architektur in Ungarn in der Vergangenheit vor
allem durch »politische Leidenschaften« verhindert worden sei.32 Mit ähnlichem Impe-
tus widmete er sich 1857 den mittelalterlichen Bau- und Kunstwerken von Cividale im
Friaul, das bis zum Dritten Italienischen Unabhängigkeitskrieg 1866 dem Königreich
Lombardo-Venetien innerhalb der Habsburgermonarchie angehörte, als einem Aus-
druck der »ungebrochene[n] deutsche[n] Sitte der Langobarden«33.
Mit Blick auf die kirchliche Architektur der Gegenwart hoffte Eitelberger, dass ein
Anlehnen an einheimische Traditionen eine »Zersplitterung der geistigen Kräfte« ver-
hindern könne, und schrieb 1853 fast beschwörend : »Die politischen Bande zwischen
dem Deutschen Staate34 sind fester geknüpft als je, mehr als je sind die geistigen
Berührungspunkte mit den übrigen deutschen Staaten gesucht und gefunden wor-
30 R. Eitelberger von Edelberg, Bericht [vom 1.
April 1856] über einen archäologischen Ausflug
nach Ungarn in den Jahren 1854 und 1855, in : Jahrbuch der k. k. Central-Commission zur Erfor-
schung und Erhaltung der Baudenkmale, 1, 1856, S.
91–140 ; vgl. dazu auch : Bakoš, Discourses and
Strategies (zit. Anm.
27), S.
178.
31 A. Auf der Heyde, Gli inizi della Zentral-Commission di Vienna. Un modello di tutela e la sua
ricezione in Italia (1850–75), in : Conservazione e tutela dei beni culturali in una terra die frontiera.
Il Friuli Venezia Giulia fra Regno d’Italia e Impero Absburgico (1850–1918) (hg. von G. Perusi-
ni/R. Fabiani), Vicenza 2008, S. 23–38, hier S. 24 ; ders., Il Friuli (zit. Anm. 23), S. 20 f.; E. Ma-
rosi (Hg.), Die ungarische Kunstgeschichte und die Wiener Schule 1846–1930 (Ausst.-Kat. Wien,
Collegium Hungaricum), Budapest 1983, S. 16 f.; Rampley, The Idea of a Scientific Discipline
(zit. Anm. 5), S. 63 f. – Eitelberger ging zwar von einem grundsätzlich christlich-übernationalen
Charakter des romanischen Stils aus, konstatierte jedoch gleichsam dialektale Prägungen durch die
aus seiner Sicht kulturtragenden romanisch-germanischen Nationen des Mittelalters (vgl. R. Ei-
telberger von Edelberg, Der romanische Baustyl im Verhältnis zu den anderen Baustylen des
Mittelalters (Zur Orientierung auf dem Gebiete der Baukunst und ihrer Terminologie
III), in : Mit-
theilungen der k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale, 1, 1856,
Nr.
7, S.
117–121, hier S.
118).
32 Eitelberger, Ausflug nach Ungarn (zit. Anm.
30), S.
95 f.
33 R. Eitelberger von Edelberg, Cividale in Friaul und seine Monumente, in : Jahrbuch der k. k.
Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale, 2, 1857, S. 233–258, hier
S.
235 ; siehe dazu : Auf der Heyde, Il Friuli (zit. Anm.
23), insb. S.
21 f.
34 In der Veröffentlichung von 1879 heißt es, der zwischenzeitlichen Auflösung des Deutschen Bundes
Rechnung tragend, stattdessen »mit dem deutschen Staate« (Eitelberger, Kirchliche Architektur
[zit. Anm.
3], S.
374).
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Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Titel
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Untertitel
- Netzwerker der Kunstwelt
- Autoren
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 562
- Kategorie
- Biographien