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198 Timo Hagen
Monat nach Eröffnung des Museums gehaltene Vortrag über die ›Wiener Renaissance‹
dürfte nicht zuletzt den Zweck gehabt haben, den Neubau als »lehrhafte Demonstra-
tion« und »Anschauungsbeispiel« einer Kombination unterschiedlicher Kunstgattungen
und kunsthandwerklicher Techniken zu positionieren, die Eitelberger in diesem Stil
mustergültig verwirklicht sah.99
Die ›deutsche Renaissance‹ als Irrweg
Während die ›deutsche Renaissance‹ 1871 noch kein Thema für Eitelberger war, wid-
mete er ihr einige Jahre später, im August 1875 – und damit immer noch vor der
Münchner Ausstellung
–, die eingangs zitierte Streitschrift, in der er das Revival nordal-
piner Renaissanceformen als nationalbewegtes Symptom der deutschen Reichsgrün-
dung deutete. Nachdem Eitelberger den Text 1879 im zweiten Band seiner Gesammelten
kunsthistorischen Schriften erneut veröffentlicht hatte, ließ eine Gegendarstellung aus
dem Deutschen Reich nicht lange auf sich warten. 1880 publizierte der Stuttgarter
Kunstgeschichtsprofessor Wilhelm Lübke im Repertorium für Kunstwissenschaft eine
Besprechung der ersten beiden Bände der Gesammelten kunsthistorischen Schriften, die er
als Summe dessen verstand, »was einer der ausgezeichnetsten heutigen Kunstgelehrten,
das Haupt der österreichischen kunsthistorischen Schule, drei Decennien hindurch für
die Entfaltung der heimischen Kunst und des Kunstgewerbes in unablässiger patrioti-
scher Hingabe gewirkt und geleistet hat«.100 Lübke stellt völlig zu Recht fest : »Auf Oe-
sterreich und dessen künstlerische Entwicklung bezieht sich hier Alles ; und zwar sind
es ausschliesslich die Bestrebungen der mächtig ringenden Gegenwart, denen sowohl
die historischen als die pädagogischen Aufsätze […] gewidmet sind.«101 Ausführlich
geht Lübke dann jedoch nur auf Eitelbergers Äußerungen zur ›deutschen Renaissance‹
ein, hatte dieser darin doch Lübkes »Geschichte der deutschen Renaissance«102 mit
99 Zur Funktion des Neubaus als Musterarchitektur siehe : Franz, Vom Kaiserforum zum Exer-
zierplatz (zit. Anm. 70), S. 100–102. – Julia Rüdiger schreibt treffend, »die ausschließliche Ver-
wendung von Renaissanceformen an dieser wichtigen Kunstinstitution« setze »dem Stil selbst ein
Denkmal« (Rüdiger, Die monumentale Universität [zit. Anm.
73], S.
197).
100 W. Lübke, Gesammelte kunsthistorische Schriften von R. Eitelberger v. Edelberg. 1. u. 2. Bd.
Wien 1879 (Litteraturbericht), in : Repertorium für Kunstwissenschaft, 3, 1880, S. 223–229, hier
S.
223.
101 Ebenda.
102 W. Lübke, Geschichte der deutschen Renaissance (Geschichte der Baukunst, begr. von F. Kugler,
5.1–5.2), Stuttgart 1872 u. 1873.
– Der Titel wird in der Liste der aus Eitelbergers Privatbibliothek
stammenden Publikationen nicht aufgeführt.
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Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Titel
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Untertitel
- Netzwerker der Kunstwelt
- Autoren
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 562
- Kategorie
- Biographien