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224 Martin Engel
dies nicht nur die Rezipienten betrifft, sondern auch die Produzenten, die zukünftigen
deutschen Bildhauer.
Eitelberger kommt damit zu seinem wichtigsten Thema, der Kunstförderung. Mit
großer Kenntnis der Materie referiert er die verschiedenen Missstände bei der Ver-
gabe der als »Kaiserpreise« bekannten Romstipendien. Früher sei den Romstipendiaten
»die Ausführung von Gruppen in Marmor« ermöglicht worden und die so geschaffe-
nen Werke seien in den Besitz des Kaiserhauses übergegangen (Abb. 3).12 Leider habe
man »das System, mit den Kaiserpreisen auch Aufträge zu verbinden, in Folge eines
falsch verstandenen Liberalismus fallen lassen«.13 Nach Protesten aus der Künstlerschaft
würden inzwischen zwar mehr Preise vergeben, aber die erteilten Romstipendien seien
nun viel zu kurz, »um einem Bildhauer wirklich zu nützen. In der Regel muss er gerade
dann Rom verlassen, wenn er sich über die Bildhauerkunst und die plastischen Werke
des Alterthums hinlänglich unterrichtet hat.«14 Deutlich ist in seinen Ausführungen zu
spüren, dass er bezüglich der Künstlerförderung schon mehrere Versuche gestartet hatte,
die Situation zu verbessern, und er verweist selbst auf einen Artikel, den er am 16.
April
1873 in der Wiener Abendpost zu diesem Thema veröffentlicht hatte.15 In seinem Nach-
lass haben sich zudem Notizen zu einer Denkschrift erhalten, in der er sich ebenfalls
mit der Situation der österreichischen Romstipendiaten befasst. Diesen Notizen ist eine
wohl aus dem Ministerium stammende Liste mit allen im Winter 1872/73 im Palazzo
Venezia wohnenden Stipendiaten samt detaillierten Angaben zu deren Aufenthaltsdauer
und Finanzierung beigefügt. Seine grundsätzliche Überzeugung, die Eitelberger im
Vergleich mit dem preußischen und französischen System der Kunstförderung erläutert,
lautet hier wie dort, dass das künstlerische Talent Anleitung brauche und genügend Zeit
zum Reifen. Beides sei in der gegenwärtigen Situation nicht gegeben :
Das preußische System begreift sich, das französische rechtfertigt sich von selbst. Was aber
weder zu begreifen, noch zu rechtfertigen ist, das ist das System, jüngere Künstler mit Staats-
stipendien nach Rom zu senden auf eine kurze Zeit, ohne Aufträge, ohne Leitung, ohne eine
andere Verpflichtung als die, während zwei Jahren zu machen was sie wollen […].16
12 Stellvertretend sei hier die 3-figurige Marmorgruppe »Mars und Venus mit Amor« gezeigt, die Leo-
pold Kiesling 1809 in Rom geschaffen hat. Zu den Hofaufträgen siehe auch : S. Krasa-Florian,
Johann Nepomuk Schaller, Innsbruck 2009, S.
107–113.
13 Eitelberger, Plastik Wiens (zit. Anm.
1), S.
9.
14 Ebenda.
15 Vgl. R. Eitelberger von Edelberg, Künstlerbild[ung] im heutigen Rom, in : Wiener Abendpost.
Beilage zur Wiener Zeitung, Nr.
87, 16.
April 1873, S.
692 f.
16 Ebenda, S.
692.
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Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Titel
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Untertitel
- Netzwerker der Kunstwelt
- Autoren
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 562
- Kategorie
- Biographien