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236 Martin Engel
land. Zumindest solle man aber den Künstlern Gelegenheit geben, ihre Entwürfe selbst
zu erläutern. Offenbar hatte er Skrupel, sich zwischen den beiden Freunden entscheiden
zu müssen.
Viktor Tilgner hatte auf der Wiener Weltausstellung 1873 für die Büste der Schau-
spielerin Charlotte Wolters eine Goldmedaille erhalten und damit seinen Ruhm als
Porträtbildhauer der Wiener Gesellschaft begründet. Spätestens seit dieser Zeit kann-
ten sich Tilgner und Eitelberger persönlich. Intensiveren Kontakt pflegten die beiden
in den Jahren um 1877. In einem undatierten Brief entschuldigt sich Tilgner dafür, dass
Eitelberger vergeblich versucht habe, ihn zu besuchen, und berichtet dann ausführlich,
dass er für eine (leider ungenannte) Figurengruppe, an der er aktuell arbeite, ein kleines
Modell angefertigt habe, um daran Korrekturen vorzunehmen, die er noch ins Große
übernehmen wolle. Eitelberger war offenbar in die Arbeit Tilgners bestens eingeweiht,
denn selbst von kleinen Details ist die Rede. Im gleichen Brief berichtet Tilgner auch
von den »Kaisermodellen«, von denen er »bis jetzt nichts als die Idee im Kopfe fertig«
habe. Unlängst sei ihm vom Fürsten Schwarzenberg ein Atelier angeboten worden, dort
werde er »die Figur Seiner Majestät […] zu modellieren anfangen« und Eitelberger um
sein Urteil bitten, sobald die Modelle fertig seien.48
In einem weiteren undatierten Brief berichtet er vom Atelierbesuch des Kaisers, der
sich die Modelle für eine Porträtstatue anschaute und sich für den Entwurf in der Klei-
dung entschied, die er gewöhnlich bei Audienzen trägt.49 Bei dieser Gelegenheit habe
er dem Kaiser auch den Bronzegießer Hohmann vorgestellt und bittet nun Eitelberger
ebenfalls um die Förderung dieses Bronzegießers.
Auch in den anderen erhaltenen Briefen geht es immer um kleinere oder größere
Hilfeleistungen. Einmal bittet Tilgner um die Genehmigung, ein altes Buch von Wen-
del Ditterlin aus der Bibliothek des Österreichischen Museums entleihen zu dürfen, weil
er sich davon Anregungen für die Gestaltung eines Sockels verspricht.50 Ein anderes
Mal bittet er um Eitelbergers Hilfe bei der zukünftigen Aufstellung der »Triton- und
Nymphe-Gruppe«, deren Rückkehr von der Pariser Weltausstellung des Jahres 1878 be-
vorstehe. Angeblich hatte man ihm gegenüber die Idee geäußert, diese Figurengruppe
im Theseustempel aufzustellen. Von Eitelberger möchte Tilgner nun gerne wissen, an
welche Beamten er sich zu wenden habe.51 Weitere Nachrichten in dieser Sache fehlen,
doch die »Triton- und Nymphe Gruppe« wurde
– zu einem Brunnen umgearbeitet
– im
Jahr 1880 im Volksgarten aufgestellt.
48 WBR, H.I.N.
22.733.
49 WBR, H.I.N.
22.732.
50 WBR, H.I.N.
22.726.
51 WBR, H.I.N.
22.734, Brief vom 21.12.1878.
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Titel
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Untertitel
- Netzwerker der Kunstwelt
- Autoren
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 562
- Kategorie
- Biographien