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240 Matthias Noell
Die Zentralkommission und der Beginn der institutionellen Denkmalpflege
in Österreich
Fassen wir zu Beginn die wesentlichen Fakten der institutionellen Werdung der ös-
terreichischen Denkmalpflege zusammen : Der Antrag auf Einrichtung der kaiserlich
königlichen Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale wurde
1850 durch eine Allerhöchste Entschließung genehmigt, die Behörde aber erst drei Jahre
später – die Akte war wohl aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen einige Zeit
liegen geblieben – schließlich auch ins Leben gerufen. Das war im internationalen
Vergleich, wie man auch in Wien seinerzeit selbst immer wieder betonte – sicherlich,
um die Einrichtung auf diese Weise als dringlich darzustellen und zu beschleunigen –
durchaus spät. Die ersten modernen staatlichen Einrichtungen zum Schutz und Erhalt
der Denkmale waren zu diesem Zeitpunkt vor allem in Frankreich und in den deut-
schen Staaten bereits seit mehreren Jahren tätig : 1830 waren in Frankreich mit Ludovic
Vitet der erste Inspecteur général des monuments historiques en France ernannt, 1837 die
Commission des monuments historiques gegründet worden. In Bayern hatte 1835 unter
direkter Berufung auf das französische Vorbild, über das man sich Informationen aus
der französischen Verwaltung hatte kommen lassen, Sulpiz Boisserée seine Stelle als
Leiter der neu gegründeten Generalinspektion der plastischen Denkmäler des Reiches an-
getreten, seit 1843 wirkte auch Ferdinand von Quast als Konservator der Denkmäler
in Preußen. Vor allem aber hatten in Frankreich und Deutschland die zahlreichen wis-
senschaftlichen Arbeiten historischer Vereine und Privatgelehrter zu einem, verglichen
mit der kunsthistorisch nahezu unerforschten Donaumonarchie, breit aufgefächerten
Wissensstand beigetragen. Zwar hatte es 1833 einen ersten Vorstoß eines vierköpfigen
Autorenkollektivs um Eduard Melly zur Beschreibung der Denkmale gegeben, diesem
Vorschlag war die Verwaltung jedoch nicht gefolgt.2
Die Arbeit in den ersten drei Jahren der Zentralkommission war überwiegend dem
Aufbau der Institution mit ihren gegen Ende des Jahres 1855 zuständigen 58 Konser-
vatoren und 41 Korrespondenten sowie der Ausarbeitung von Instruktionen gewidmet.
Angesichts der enormen Ausdehnung des Verwaltungsgebiets und der zurückhaltenden
Finanzierung war dies eine durchaus beachtliche Leistung. Hinzu kamen Erhaltungs-
maßnahmen auf einer eigentlich ungenügenden rechtlichen Grundlage – das erste ös-
terreichische Denkmalschutzgesetz wurde nach unzähligen Anläufen erst 1923 verab-
schiedet. Der erste Präsident der Zentralkommission Karl Czoernig von Czernhausen
2 W. Frodl, Idee und Verwirklichung. Das Werden der staatlichen Denkmalpflege in Österreich
(Studien zu Denkmalschutz und Denkmalpflege 13), Wien u. a. 1988, S. 51 f. Der Brief stammt
wohl von Leopold Ernst, Gustav Adolf Heider, Eduard Melly und Ferdinand Max Wolfarth.
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Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Titel
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Untertitel
- Netzwerker der Kunstwelt
- Autoren
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 562
- Kategorie
- Biographien