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250 Matthias Noell
der die neu entstehende Heimatkunde die Verwendung des Basisworts »-kunde« und
zahlreiche daraus gebildete Komposita nahelegte. Vermutlich aber wurde der Begriff
der Denkmalkunde von Eitelberger geprägt
– und dies durchaus im vollen Bewusstsein
einer wissenschaftlichen Programmatik. Aber auch wenn er sich auf diese Weise – will
man diesen Schluss aus dem Verzicht auf den Begriff der »Statistik« akzeptieren – für
eine eigenständigere Positionierung des neu propagierten Fachs aussprach, eine klare
Methodik resultierte daraus nicht.22
Die Grundüberlegungen der Mittheilungen und ihres Auftrags, erster Sammlungsort
zur späteren Erstellung eines vollständigen Inventars und übergeordneter wissenschaft-
licher Auswertungen zu sein, entstammten der französischen Debatte : Zunächst in den
von Arcisse de Caumont gegründeten Vereinen, der Société des Antiquaires de la Norman-
die und der Société française pour la conservation et la description des monuments historiques,
sowie in François Guizots Comité des documents inédits de l’histoire de France (später : Co-
mité historique des arts et des monuments) geführt, war dieser Diskurs schnell auch in den
deutschen Staaten, zunächst in Bayern und Preußen, rezipiert worden. Er gelangte nun
auf dem direkten sowie auch auf dem genannten Umweg nach Wien, indem man sich
hier eingehend über bereits gemachte Erfahrungen erkundigte. 1857, vier Jahre nach
Gründung der Zentralkommission, ließ man über einen vereinbarten Schriftentausch
die Publikationen der Franzosen übersenden, eine nicht unübliche Methode der dama-
ligen Verwaltungen, die über die Kultur somit auch Außenpolitik betrieben :
Eben so bereitwillig übermachte das kaiserlich französische Ministerium des Cultus und öf-
fentlichen Unterrichtes über Einschreiten des k. k. General-Consulates zu Paris demselben für
die Central-Commission nebst den Schriften über den Organismus der von der französischen
Regierung eingesetzten permanenten Commission der historischen Denkmale die prachtvol-
len Monographien von Chartres, Noyon und St. Savin, dann das Bulletin du Comité de l’his-
toire de la France ; ferner verdankt die Central-Commission der freundlichen Einflussnahme
des österreichischen General-Consulates die Einleitung des Schriften-Austausches mit dem
Institut Imperial de France (Academie des Inscriptions et belles lettres).23
22 T. Breuer, Kunstdenkmal und Denkmalkunde, in : Der unbestechliche Blick. Lo sguardo incor-
ruttibile. Festschrift zu Ehren von Wolfgang Wolters, Trier 2005, S. 117–129, hier S. 117. Vgl. O.
Sarrazin/O. Hossfeld, Zur Einführung, in : Die Denkmalpflege, 1, 1899, H.
1, S.
1.
23 Bericht über die Wirksamkeit (zit. Anm. 5), S. XXIII. Die genannten Publikationen sind : P. Du-
rand/J.-B.-A. Lassus/A. Duval, Monographie de la cathédrale de Chartres, publiée par les soins
du ministre de l’Instruction publique, 2
Bde., Paris 1867 u. 1881 ; L. Vitet, Monographie de l’église
Notre-Dame de Noyon, Paris 1845 (= Collection des documents inédits sur l’histoire de France.
Troisième série : Archéologie) ; G. Bascle de Lagrèze, Monographie de Saint-Savin de Lavedan,
Paris 1850.
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Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Titel
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Untertitel
- Netzwerker der Kunstwelt
- Autoren
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 562
- Kategorie
- Biographien