Seite - 65 - in Ruinen - oder Taschenbuch zur Geschichte verfallener Ritterburgen und Schlösser nebst ihren Sagen, Legenden und Mährchen, Band 2
Bild der Seite - 65 -
Text der Seite - 65 -
— 65 —
sogar die Kleider klar und fxisch und die Farben der
Bander ungebleicht.
Es war ein rührender Anblick, den Leichnam
des holden Söhnleinsund einzigen Kindes, des na-
türlichen Erben der Güter und des Grafentitels,
an den Knien der Mutter ruhen zu sehen. Seine
Züge waren die eines Schlafenden, die Gesichtsfarbe
frisch, das Fleisch voll und derb. Uebrigens schien
das zarte Knäblein nur wenig Monden alt gewesen
zu sepn, als es starb.
Ladp K i lsp th selbst schien noch zu leben, denn
in einer kleinen Entfernung, bepm Lampenschein,
hatte man Mühe gehabt, zu unterscheiden, ob sie
lebe oder todt sep. Ihre Züge waren bestimmt und
deutlich, und nur unter einer gewissen Beleuchtung
beme.rkte man etwas Angstvolles und Schauerliches
in ihren Mienen, was auf ihren gewaltsamen Tod
hindeutet. Keine Falte ihres Gewandes war ver-
schoben, kein einziges Glied anbrüchig.
Die beyliegende Zeichnung dieser unglücklichen
Mutter muß auch das Harteste Herz erweichen. Der
Kopf ruht auf einem Kissen von wohlriechenden Kräu-
tern. Man glaubte, daß der Leichnam, nachdem
er der Luft preisgegeben worden, und der würzhafte
Geruch verdunstet war, in Staub zerfallen würde.
Allein es geschah keinesweges.
Lady Kilsyth gehörte zur Familie Dundo-
nald. Sie hieß Johanna, und war die Tochter
Ruinen
oder Taschenbuch zur Geschichte verfallener Ritterburgen und Schlösser nebst ihren Sagen, Legenden und Mährchen, Band 2
- Titel
- Ruinen
- Untertitel
- oder Taschenbuch zur Geschichte verfallener Ritterburgen und Schlösser nebst ihren Sagen, Legenden und Mährchen
- Band
- 2
- Autor
- Gerhard Dützele von Coeckelberghe
- Verlag
- Lechner, Univ.-Buchhändler
- Ort
- Wien
- Datum
- 1834
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.85 x 28.96 cm
- Seiten
- 206
- Schlagwörter
- Märchen, Legenden, Sagen
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918