Seite - 87 - in Ruinen - oder Taschenbuch zur Geschichte verfallener Ritterburgen und Schlösser nebst ihren Sagen, Legenden und Mährchen, Band 2
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«Langsam wandelt einst am Abekd
Friedr ich an des Haines Bucht;
Da erscheint im weißen Kleide
Sie, die Kräuter auf der Haide
Für die kranke Schwester sucht."
Hingerissen vom unerwarteten Anblick, ergriff
er ihre Hand, und gestand ihr seine Gefühle. Die
Jungfrau stand da, hocherröthend und verwirrt mit
niedergeschlagenen Augcn. Zürnt nicht, rief der
Jüngling, indem er ihre Hand an seine Lippen drück-
te, und sich eilig entfernte.
Von dieser Stunde an schien Gela den jungen
Herzog zu vermeiden. Er wurde darob trübsinnig
und fast menschenscheu. Niemand konnte sich diese
Veränderung erklären. Die schöne Gela allein
wußte recht gut Bescheid, aber das Geheimniß lag
wohlverwahrt in ihrem Busen.
Eines Abends begegnete er sie wieder in einem
einsamen Gehölz, und sie erschracküber sein verstör-
tes Aussehen. Friedrich wagte es nicht mehr, sie
anzureden. Gela fühlte sich von Liebe und Mitlei-
den ergriffen, reichte ihm die bebende Hand und
sagte:
»Ihr könnt finden
Morgen, wenn die Sterne schwinden,
In der Burgkapelle mich.«
Der entzückte Friedrich fand sich bald nach
Mitternacht an dem bestimmten Ort ein, denn der
Ruinen
oder Taschenbuch zur Geschichte verfallener Ritterburgen und Schlösser nebst ihren Sagen, Legenden und Mährchen, Band 2
- Titel
- Ruinen
- Untertitel
- oder Taschenbuch zur Geschichte verfallener Ritterburgen und Schlösser nebst ihren Sagen, Legenden und Mährchen
- Band
- 2
- Autor
- Gerhard Dützele von Coeckelberghe
- Verlag
- Lechner, Univ.-Buchhändler
- Ort
- Wien
- Datum
- 1834
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.85 x 28.96 cm
- Seiten
- 206
- Schlagwörter
- Märchen, Legenden, Sagen
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918