Seite - 103 - in Ruinen - oder Taschenbuch zur Geschichte verfallener Ritterburgen und Schlösser nebst ihren Sagen, Legenden und Mährchen, Band 2

mach, alle Schrecken der Zukunft, vergessen machte. Ihn, den so heiß Geliebten, nach so langer Tren- nung wieder zu sehen, war ihr einziger Gedanke, und in diesem Gedanken lag die Vergessenheit jedes andern. Ungeduldig betrachtete sie die Sonne in ihrem Läufe; so lange hatte sie ihrer Meinung nach noch nie am Himmel gezögert. Ungewöhnlich heiß brannten ihre Strahlen, Und Mechtilde freuete sich des Gewölkes im Westen, welches sie wenigstens früher zu verdunkeln, und Nacht über die Gefilde herbeizuführen versprach. Endlich war die Stunds gekommen,, welche den Punkt der Erde, auf dem die Burg stand, mit Finsternis deckte. Das verabre- dete Zeichen wurde gegeben, und schon glaubte Mech- ti lde die Minuten zahlen zu können, bis sie ihren treuen Heinrich wieder sehen würde. Konnte sie auch das durch den Nebel der Finsterniß verdeckte, jenseitige Ufer nicht mehr unterscheiden, so waren ihre Augen doch immer starr dahin gerichtet, von woher ihr die Sonne der Liebe aufgehen sollte. Im- mer schwarzer wurde der Himmel; aufeinmahl aber erhellten einzelne Blitze die Gegend, und im fernen Rollen ließ sich der Donner majestätisch vernehmen. Ger t rude, rief dic^Zeängstete Jungfrau, mein Heinrich wird nicht kommen, er darf nicht kom- men? Die Natur empört sich gegen uns; hörst du nicht das fürchterliche Toben des Sturms , das Brausender Vaa lc?—Wie ungestüm die Iu -