Seite - 94 - in Ruinen - oder Taschenbuch zur Geschichte verfallener Ritterburgen und Schlösser nebst ihren Sagen, Legenden und Mährchen, Band 3

ten erzählen. Mein Vater hatte, kurz vor seinem Tode, meine Hand dem Ritter Schott von Lin- g e n versprochen. Ich hatte nichts dagegen einzuwen- den, denn dieser Mann besaß viel von dem, was uns Frauen anzieht. Mein Vater starb, und dieß verzögerte unsere Verbindung. In meiner Nachbar- schaft wohnte der alte W i ld von Rauenthal mit seiner Tochter H i ld eg und. Ihr habt sie heut beyde in Pilgerstracht gesehen. Das Magdlein warf seine Augen auf meinen Bräutigam, aber ihre Lie- be blieb unerwiedert. Da bediente sie sich böser Zau- berkünste, und kochte einen Liebestrank, den sie dem armen Schott in dem Becher, welchen ihr hier sehet, beizubringen wußte. Er gerieth darüber in Wahnsinn, und wollte mich ermorden. Gott wende- te es ab, und half mir aus seinen Händen. Er lief wüthend davon und niemadd weiß, wo er hin- gekommen. Ich erhob jetzt eine Klage gegen Hilde- gund von Rauen tha l , und das Gericht er- kannte sie der Zauberey schuldig; aber sie wurde ge- warnt, und entfloh mit ihrem Vater in Pilgersllei- devn. Dieses Vorhaben war mir noch zu rechterZeit verrathen worden, und ich schickte meine Leute aus, die Verbrecherinn aufzufangen. Das Uebrige, Herr Gitter, wißt ihr. Dem Ritter kam das alles fast unglaublich vor. Sie sieht so unschuldig aus, sagte er, und was ihr da" von ihr erzählt, ist so gräßlich!