Seite - 18 - in Schachnovelle
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neuen, einen besseren Reiter, mußte er an den letzten Zügen seinen
wirklichen, seinen eigentlichen Gegner erkannt haben. Unwillkürlich folgten
wir seinem Blick und sahen gespannt auf den Fremden. jedoch ehe dieser sich
besinnen oder gar antworten konnte, hatte in seiner ehrgeizigen Erregung
McConnor schon triumphierend ihm zugerufen:
»Selbstverständlich! Aber jetzt müssen Sie allein gegen ihn spielen! Sie
allein gegen Czentovic!«
Doch nun ereignete sich etwas Unvorhergesehenes. Der Fremde, der
merkwürdigerweise noch immer angestrengt auf das schon abgeräumte
Schachbrett starrte, schrak auf, da er alle Blicke auf sich gerichtet und sich so
begeistert angesprochen fühlte. Seine Züge verwirrten sich.
»Auf keinen Fall, meine Herren«, stammelte er sichtlich betroffen. »Das ist
völlig ausgeschlossen… ich komme gar nicht in Betracht… ich habe seit
zwanzig, nein, fünfundzwanzig Jahren vor keinem Schachbrett gesessen…
und ich sehe erst jetzt, wie ungehörig ich mich betragen habe, indem ich mich
ohne Ihre Verstattung in Ihr Spiel einmengte… Bitte, entschuldigen Sie meine
Vordringlichkeit… ich will gewiß nicht weiter stören.« Und noch ehe wir uns
von unserer Überraschung zurechtgefunden, hatte er sich bereits
zurückgezogen und das Zimmer verlassen.
»Aber das ist doch ganz unmöglich!« dröhnte der temperamentvolle
McConnor, mit der Faust aufschlagend. »Völlig ausgeschlossen, daß dieser
Mann fünfundzwanzig Jahre nicht Schach gespielt haben soll! Er hat doch
jeden Zug, jede Gegenpointe auf fünf, auf sechs Züge vorausberechnet. So
etwas kann niemand aus dem Handgelenk. Das ist doch völlig ausgeschlossen
- nicht wahr?«
Mit der letzten Frage hatte sich McConnor unwillkürlich an Czentovic
gewandt. Aber der Weltmeister blieb unerschütterlich kühl.
»Ich vermag darüber kein Urteil abzugeben. jedenfalls hat der Herr etwas
befremdlich und interessant gespielt; deshalb habe ich ihm auch absichtlich
eine Chance gelassen.« Gleichzeitig lässig aufstehend, fügte er in seiner
sachlichen Art bei:
»Sollte der Herr oder die Herren morgen eine abermalige Partie wünschen,
so stehe ich von drei Uhr ab zur Verfügung.«
Wir konnten ein leises Lächeln nicht unterdrücken. jeder von uns wußte,
daß Czentovic unserem unbekannten Helfer keineswegs großmütig eine
Chance gelassen und diese Bemerkung nichts anderes als eine naive
Ausflucht war, um sein eigenes Versagen zu maskieren. Um so heftiger wuchs
unser Verlangen, einen derart unerschütterlichen Hochmut gedemütigt zu
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Buch Schachnovelle"
Schachnovelle
- Titel
- Schachnovelle
- Autor
- Stefan Zweig
- Datum
- 1942
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 46
- Schlagwörter
- Literatur, Unterricht, Schriftsteller
- Kategorien
- Weiteres Belletristik