Seite - 7 - in Schöne Wissenschaften - Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
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Nora Fischer und Anna Mader-Kratky
Einleitung
Es liegt nahe, sich in einer Zeit, in der Fragen zur Museums- und Wissenschafts-
geschichte eine besondere Konjunktur erleben, mit den Sammlungen zur Zeit Josephs
II.
(reg. 1765–1790) zu beschäftigen und damit mit jener Epoche, in der sich Galerien und
Kabinette zu Museen und wissenschaft lichen Institutionen im modernen Verständnis
wandelten.1 In bemerkenswert dichter zeit licher Abfolge ereigneten sich damals in
Wien rund um den kaiser lichen Hof eine ganze Reihe von Sammlungsneuordnungen
bzw. Sammlungsneuaufstellungen: die Neuordnungen der drei kaiser
lichen Kabinette
im Augustinergang, wo die Sammlungen Kaiser Franz I. Stephans nach dessen Tod
präsentiert wurden, die kaiser liche Gemäldesammlung in der Neuaufstellung von 1781
im Oberen Belvedere und die 1785 gegründete medizinische Sammlung des
Josephinums. Zwar wurden in den letzten Jahren diverse Studien zu den genannten
Sammlungen publiziert,2 die sich auf ihre Geschichte und Entwicklung konzentrierten,
selten jedoch wurden die institutionen- und disziplinenübergreifenden Bezüge zuein-
ander, seien sie thematischer, methodischer oder personeller Natur, und ihre Wirkun-
gen hinterfragt. Dies ist umso bemerkenswerter, als die verschiedenen Sammlungen in
der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts vergleichbare Prozesse der Musealisierung,
der Verwissenschaftlichung und der Publizität durchliefen, die ihre Entwicklung bis
heute bestimmen. Nicht nur fanden die Neuordnungen – mit der Spätzeit der Auf-
klärung als Hintergrund und dem großen Einschnitt der Französischen Revolution –
in einer Zeit des gesellschaft lichen Umbruchs statt, sondern die Sammlungen öffneten
sich auch für ein allgemeines Publikum. Um Museen und Ausstellungswesen ver-
änderten sich die wissenschaft lichen Diskurse, wurden neue Wissenschafts- und
Kunst
institutionen gegründet und etablierte Sammlungen einer öffent
lichen Neu-
bewertung unterzogen. Es ist das Ziel dieses Sammelbandes, durch die vergleichende
Analyse der josephinischen Sammlungen die Prämissen, Kriterien, Methoden und
Konzepte der Aufstellung, Präsentation und Inszenierung zu differenzieren und ein
genaueres Bild darüber zu entwerfen, wie sich der allgemeine Wandel vollzog, der in
Wissenschafts- und Kunst
institutionen bis in die Gegenwart nachwirkt.
1 Die Publikation ging aus einer internationalen Tagung hervor, die unter dem Titel Schöne Wissen-
schaften. Sammeln, Ordnen und Präsentieren unter Kaiser Joseph II. vom 19.–20. Juni 2017 von der
Abteilung Kunstgeschichte des Instituts für kunst- und musikhistorische Forschungen (IKM) an der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien veranstaltet wurde.
2 Dazu zählen nicht zuletzt die Forschungen der Autorinnen, die für diese Publikation gewonnen
werden konnten: Elisabeth Hassmann (Hassmann 2013, Hassmann 2015, Hassmann / Winter 2016),
Christa Riedl-Dorn (Riedl-Dorn 1998, Riedl-Dorn 2009, Riedl-Dorn 2011), Anna Maerker (Maerker
2011, Maerker 2015), Nora Fischer (Fischer 2013a und b) und Debora Meijers (Meijers 1995, Meijers
2013, Meijers 2016).
Schöne Wissenschaften
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Titel
- Schöne Wissenschaften
- Untertitel
- Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Autor
- Nora Fischer
- Herausgeber
- Anna Mader-Kratky
- Verlag
- Österreichische Akademie der Wissenschaften
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8642-7
- Abmessungen
- 20.9 x 29.3 cm
- Seiten
- 306
- Kategorie
- Kunst und Kultur