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Schöne Wissenschaften - Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
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14 Nora Fischer und Anna Mader-Kratky Denksysteme knüpfen mehr oder weniger eng an diese Initiativen an oder werfen zumindest einen Seitenblick darauf, wobei durchaus unterschied liche methodische Hinsichten angestellt und thematische Querverbindungen gezogen werden. Gernot Mayer widmet sich der damaligen Suche nach dem Ursprung der Ölmalerei bzw. des Kupferstichs, die eng mit der Identitätsfindung durch einen jeweils eigenen nationalen Stil in der deutschen bzw. der italienischen Kunst verbunden ist. Die maß- geblich involvierten Personen dieser wissenschaftsgeschichtlich bedeutenden Vor- gänge, Christian von Mechel und Giacomo Graf Durazzo, waren auch jene, die für die Neuaufstellung der kaiser lichen Gemäldesammlung im Oberen Belvedere und den etwa zeitgleichen Aufbau der graphischen Sammlung von Albert von Sachsen-Teschen verantwortlich zeichneten. Neben den Taktiken und Manövern, mit denen Mechel und Durazzo versuchten, die Entstehung der Ölmalerei oder des Kupferstiches – entgegen der historischen Fakten – in der deutschen bzw. italienischen Kunstnation zu verankern, lassen die starken Parallelen ihrer Argumentationen nicht nur dieselben personellen Netzwerke annehmen, sondern auch gemeinsame, vorbildlich wirkende Denksysteme vermuten. Unter anderem dürfte das theoretische Werk von Johann Joachim Winckelmann maßgeblich gewesen sein, an dem nicht nur Mechel und Durazzo, sondern auch ton- angebende Kreise am Wiener Hof interessiert waren. Dafür spricht nicht zuletzt die zweite deutsche Edition der Geschichte der Kunst des Alterthums, die 1776 an der Wiener Akademie der bildenden Künste unter dem Protektorat des Staatskanzlers Wenzel Anton Fürst Kaunitz-Rietberg herausgegeben wurde. Die Geschichte ist bekanntlich als Kulturgeschichte konzipiert, in der Kunst und Zivilisation eng mitein- ander verflochten sind. Winckelmanns Vorstellung des Gleichklangs von Geschichte und Kultur folgte konsequenterweise das Argument, dass sich der Fortschritt der Zivilisation und der Fortschritt der Kunst eines Landes oder einer Nation gegenseitig bedingen. Diese Einschätzung einer wechselseitigen Steigerungsbewegung führte – vor allem in den deutschsprachigen Ländern – zu der von Gernot Mayer dargestellten Diskussion um einen eigenen nationalen Stil in der Kunst und dem Versuch, das Ansehen der Kunst in ihrer und durch ihre Geschichte zu erhöhen. Nur im zweiten Teil der Geschichte hat Winckelmann die Kunst „nach den äußeren Umständen der Zeit“ beschrieben, im ersten Teil versuchte er dagegen, wie er formu- liert, ein „Lehrgebäude“ der Kunst zu errichten.16 In diesem Dualismus zwischen his- torisch bedingter Stilentwicklung in der Kunst und normativer Schönheitslehre kommt noch einmal jene Korrelation zwischen dem abstrakt Rationalen und dem konkret Empirischen zum Ausdruck, die in der Wissenschaftsgeschichte und Ästhetik der Spätaufklärung ganz allgemein bemerkbar ist. Dass Winckelmanns Kunsttheorie für die Systematisierung und Historisierung der gesamten, nicht nur der antiken, son- dern auch der neuzeit lichen Kunst wirksam werden konnte, obwohl seine Theorie nur anhand des antiken und zudem noch – wie Hans C. Hönes in seinem Beitrag zu Winckelmanns Auseinandersetzung mit der Sammlung in der Villa Albani auseinan- 16 Winckelmann 1764, IX; ders. 1776, II.
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Schöne Wissenschaften Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Titel
Schöne Wissenschaften
Untertitel
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Autor
Nora Fischer
Herausgeber
Anna Mader-Kratky
Verlag
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7001-8642-7
Abmessungen
20.9 x 29.3 cm
Seiten
306
Kategorie
Kunst und Kultur
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