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Publikumsbesuch und Wissenschaftspflege in den drei kaiserlichen Kabinetten in Wien 37
Gehalt verlangt“.72 Im Dekret an Neumann vom 5.
Dezember 1783 wurde ihm aufge-
tragen, „die Fortsezung eines richtigen Katalogs, wie es die Ordnung eines Kabinets
erfordert“, zu besorgen. Doch Neumann verfasste während seiner gesamten Zeit als
Kabinettsdirektor weder einen Katalog noch eine andere eigene Publikation.73 Hin-
gegen legte er 1787 und 1801 zwei summarische Inventare vor,74 führte detaillierte
Sammlungsakten und kümmerte sich unermüdlich um die Erweiterung des Samm-
lungsbestandes. Joseph Eckhel, der seinerseits kein einziges summarisches Inventar
angelegt hatte, würdigte Neumann als außerordentlich geübten Kenner,75 dagegen
monierte dieser nach dem Tod Eckhels die seiner Meinung nach vernachlässigte
Sammeltätigkeit seines Kollegen.76 Seitens des Hofes wurden derart unterschied liche
Prioritäten in der Kabinettsleitung allerdings akzeptiert und durch keinerlei Instruk-
tionen reglementiert.77
(LQ K|ÀVFKHV =HQWUXP GHU :LVVHQVFKDIWHQ LP $UHDO GHU +RIELEOLRWKHN
Überblickt man die drei kaiser lichen Kabinette über die gesamte Regierungszeit
Josephs II. ab 17.
September 1765, so war die im Oktober 1765 erfolgte Institutionali-
sierung als Hofsammlungen, die dem öffent
lichen Nutzen zu dienen und allgemein
zugänglich zu sein hatten, von grundlegender Bedeutung. Damit war nicht nur deren
Weiterbestand gesichert, sondern auch der Impuls zur Erschließung der Sammlungs-
bestände gesetzt worden. Durch die 1766 abgeschlossene Verlegung der Kabinette in
den eigens dazu erweiterten Neuen Augustinergang befanden sich diese vereint in
unmittelbarer Nähe der Hofbibliothek. Damit wurde dieser bislang vernachlässigte
periphere Bereich des Hofburgareals aufgewertet. Die Hofbibliothek und die drei
Kabinette bildeten nun ein höfisches Zentrum der Wissenschaften zum Nutzen des
Publikums. In diesem Bereich repräsentierte die Hofburg nicht primär ein „Gehäuse
der Macht“, sondern ein „Gehäuse des Wissens“.78 Eine wohl 1772 datierbare Planung
sah vor, dass am Bibliotheksplatz (heutiger Josefsplatz) an der Stelle des Redoutensaal-
traktes die kaiser liche Gemäldegalerie79 und im gegenüberliegenden Trakt bei der
72 Vortrag Rosenbergs vom 3. Februar 1785 mit Resolution Josephs II.; weiters Versicherungsdekret an
Neumann vom 5. Februar 1793; Hassmann 2015, Nr. 296–297.
73 Neumann gab lediglich 1807 eine erweiterte Neuauflage des „kleinen Eckhel“ heraus. Zusammen-
fassend zu Neumanns unveröffentlichten Schriften vgl. Bergmann 1858, 560–561, und Lhotsky 1941–
1945, 507; zu Neumanns Korrespondenz vgl. Haarmann 2016.
74 Wien, KHM, Münzkabinett, Inventare und Verzeichnisse, Bd. 95 (beendet im Juli 1784) und Bd. 96
(Stichtag 1. Oktober 1801).
75 Eckhel im ersten Band der Doctrina, 1792, CLXX; für den Hinweis danke ich Bernhard Woytek
(ÖAW).
76 Berichte Neumanns an das Oberstkämmereramt vom 29. und 30. Dezember 1799; Hassmann /
Winter 2016, 83–84, Anm. 363–364.
77 Die ersten Dienstinstruktionen wurden 1834 für das Münz- und Antikenkabinett erstellt; Wien,
KHM, Antikensammlung, Münz- und Antikenkabinettsakt Nr. 19 ex 1834.
78 Zu diesem Begriffspaar vgl. Rößler 2013, 11.
79 Diese befand sich damals noch in der Stallburg schräg gegenüber der Hofbibliothek (vgl. Abb. 3).
Schöne Wissenschaften
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Titel
- Schöne Wissenschaften
- Untertitel
- Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Autor
- Nora Fischer
- Herausgeber
- Anna Mader-Kratky
- Verlag
- Österreichische Akademie der Wissenschaften
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8642-7
- Abmessungen
- 20.9 x 29.3 cm
- Seiten
- 306
- Kategorie
- Kunst und Kultur