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Von der Naturaliensammlung zu den „Vereinigten k. k. Naturaliencabineten“ 43
ab 1766 zwei Tage die Woche öffentlich zugänglich gewesen sein.8 Von 1769 bis 1793
war die Öffnungszeit für allgemeine Besucher auf Montagvormittag beschränkt.9
Nach dem Tod von Jean de Baillou 1758 trat sein Sohn Ludwig (Luigi) Balthasar
seine Nachfolge an, jedoch zeigte sich bald, dass er nicht über die erforder
lichen Fähig-
keiten verfügte, um sich entsprechend um die von ihm verwaltete Sammlung zu küm-
mern. Maria Theresia war an einer Vergrößerung, Bearbeitung und Veröffentlichung
des Bestandes gelegen,10 wobei weniger ihr eigenes Interesse als das Andenken an ihren
verstorbenen Gatten im Vordergrund stand. 1766 ließ Maria Theresia auch den aus
2102 Diamanten und 761 anderen Schmucksteinen (Edelsteinen und Halbedelsteinen)
angefertigten Blumenstrauß, ein Geschenk, das sie ihrem Gemahl zwei Jahre zuvor
gemacht hatte, in das Naturalienkabinett transferieren.
Inventare und Kataloge
Die Bestände des Naturalienkabinetts sollten durch Kataloge erschlossen werden, als
deren Voraussetzung eine systematische Aufstellung notwendig war. Auf Anordnung
von Maria Theresia sollte Ludwig Baillou ein Inventar erstellen und dieses alle 14 Tage
zur Kontrolle der Fortschritte vorlegen.11 Der Sammlungskatalog sollte auch gedruckt
und verkauft werden, doch war Baillou mit diesen Aufgaben überfordert. Daher
ersuchte er 1773, das Kabinett für Besucher wieder zu schließen, um der Forderung
nach Erstellung eines Bestandskatalogs nachzukommen. Dazu meinte er, die Minera-
liensammlung wäre „ärmer als auswärtige Cabinete“, das Verfassen eines „Catalogues“
nehme zu viel Zeit in Anspruch und wäre zu kostspielig.12 Angesichts des miss lichen
Zustandes der Sammlung empfahl der Präsident der Hofkammer in Münz- und Berg-
wesen Franz Graf von Kolowrat-Novohradský 1775, dem „Herrn Berg-Rath und
Professor der Chimiae [Nikolaus Joseph] von Jacquin“, der selbst ein großes Minera-
lienkabinett besaß, diese Aufgaben zu übertragen. Kolowrat ergänzte, er könne „kei-
nen geschicktern“ und „in diesem Fach der Erzstuffen-Käntniß geübtern in Vorschlag
bringen“.13
Dennoch war Baillou weiter mit der Katalogerstellung betraut, und erst als im
Oktober 1776 eine weitere negative Beurteilung über seine Arbeiten vorlag, berief
8 Fitzinger 1856, 446–447.
9 Hassmann 2015, 71. Zur Öffnung der Kabinette vgl. auch den Beitrag von Elisabeth Hassmann in
diesem Band.
10 Den Auftrag, einen Katalog, ein Inventar der Sammlung anzufertigen, erteilte Maria Theresia am
14. April 1773; Wien, HHStA, OKäA, Akten Serie B, Karton 4, Nr. CCCC 3, vgl. Hassmann 2015,
Nr. 19.
11 Wien, HHStA, OKäA, Akten Serie B, Karton 4, ohne Nr.; vgl. Hassmann 2015, Nr. 22, 73 und dies.
in diesem Band.
12 Wien, HHStA, OKäA, Akten Serie B, Karton 4, Nr. CCCC 20, fol. 17–18 und 25–26, Vortrag
Obersthofmeister Khevenhüller-Metsch an Maria Theresia, 11. Jänner 1775; vgl. Hassmann 2015, Nr.
33, 95–96, und dies. in diesem Band.
13 Wien, HHStA, OKäA, Akten Serie B, Karton 4, ohne Nummer, Kolowrat an Obersthofmeister
Khevenhüller-Metsch, 16. März 1775; vgl. Hassmann 2015, Nr. 39, 98–99 und dies. in diesem Band.
Schöne Wissenschaften
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Titel
- Schöne Wissenschaften
- Untertitel
- Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Autor
- Nora Fischer
- Herausgeber
- Anna Mader-Kratky
- Verlag
- Österreichische Akademie der Wissenschaften
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8642-7
- Abmessungen
- 20.9 x 29.3 cm
- Seiten
- 306
- Kategorie
- Kunst und Kultur