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Schöne Wissenschaften - Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
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72 Anna Maerker Die Rivalität zwischen Chirurgen und Ärzten Satiren wie Richters Eipeldauer drückten eine wachsende Skepsis des gebildeten Bürger tums gegenüber der Ambition der Volksaufklärung aus. Ein weiterer wichtiger Faktor in der Rezeption der anatomischen Wachsmodelle in Wien war die Konkur- renz zwischen Ärzten und Chirurgen, die durch die Gründung der Josephs-Akademie verschärft wurde. Am 7.  November 1785 wurde die neue Akademie feierlich einge- weiht. Die Wiener Zeitung berichtete von der Zeremonie, bei der Mitglieder des Hof- kriegsrates, hohe Beamte aus Militär- und Zivilverwaltung, Wiener Ärzte und Studen- ten präsent waren (Abb.  5). Im Rahmen der Feier hielt Brambilla als Direktor der neuen Akademie eine provokante Rede. Wie Joseph  II. selbst wies auch Brambilla auf die anatomische Kenntnis als unverzichtbare Grundlage der Chirurgie hin: „[D]er Chirurg muß so Meister von seiner Hand und von seinen Instrumenten seyn, auch seine Operation mit einer solchen Zuverläßigkeit verrichten, als wenn er die in dem mensch lichen Körper verborgen liegende Theile vor seinen Augen liegen hätte, oder wie durch ein Glas betrachten könnte, so ungefähr, wie man die in einem Krystall oder Bernstein eingeschlossenen Thierchen ganz klar unterscheiden kann.“39 Diese Behaup- tung war zunächst nicht kontrovers, provokant waren allerdings die Verkündungen des Direktors zum relativen Nutzen von Medizin und Chirurgie. In Anwesenheit der medizinischen Elite Wiens erklärte Brambilla, „daß die diätetische Heilkunst eine Tochter der chirurgischen sey“; „Die Erdbürger können zwar ohne die diätetische Heilkunst leben; aber ohne die Chirurgie können sie nicht bestehen“; „daß [die Medi- zin] ihrer Natur nach meistens nur auf Muthmassungen beruhet, so, daß auch der geschickteste Arzt sehr oft sich selbst betrügt, und auch betrogen werden kann“. Er schloss damit, „daß die Chirurgie in vielen Stücken vor der inner lichen Heilkunst einen Vorzug habe [und daß] letztere ohne die Chirurgie beynahe unnütz sey“.40 Die Wiener Ärzte und ihre Unterstützer in der Wiener Bürgerschaft ließen diese Provokation nicht unbeantwortet. Wiener Mediziner waren schon vor der Gründung des Josephinums rege an der Fertigung und dem Austausch von Streitschriften betei- ligt. So griff beispielsweise der pseudonyme „Simplizius Schwab“ den Protomedicus von Störck als „Wolf im Schafspelz“ scharf an.41 Eine der frühesten Antworten auf die Herausforderung Brambillas stammte wieder von dem Satiriker Joseph Richter: In Das Affenland oder der Doktor Fanfarone (1787) brachte Richter eine Reihe diskursi- ver Elemente zusammen: den Konflikt zwischen Ärzten und Chirurgen, Kritik am Regenten und seinen Reformen und Kritik an den Wachsmodellen als Spielzeug und Luxus, die letztendlich nicht von Nutzen seien. In seiner anonymen Satire persiflierte Richter Österreich als ein von der Natur gesegnetes Land – allerdings waren die Ein- wohner des Affenlandes zu sehr geneigt, ausländische Sitten ohne Verstand nachzu- äffen und zu sehr bereit, auf ausländische Scharlatane (wie den Doktor Fanfarone alias 39 Brambilla 1790, 23. 40 Ebenda, 14, 19, 22, 29. 41 Schwab 1792. Simplizius Schwab sah die Veröffentlichung seines Angriffs auf den korrupten Störck als Beitrag zum „Wohl des Staats“; Schwab 1792, 61.
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Schöne Wissenschaften Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Titel
Schöne Wissenschaften
Untertitel
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Autor
Nora Fischer
Herausgeber
Anna Mader-Kratky
Verlag
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7001-8642-7
Abmessungen
20.9 x 29.3 cm
Seiten
306
Kategorie
Kunst und Kultur
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