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Schöne Wissenschaften - Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
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74 Anna Maerker Absicht der Richter’schen Kritik war es, die Chirurgen und Studenten der Akade- mie als unmännlich, unreif und unzivilisiert darzustellen. „Am lächerlichsten betrugen sich die Lehrer und Zöglinge des medizinisch-chirurgischen Treibhauses. Die Erstern [...] schimpften, troz Fleischerknechten, auf die medizinische Fakultät. Die andern aber, (wenn sie gleich größtenteils unbärtige Buben waren,) spukten aus, so oft sie einem Arzt begegneten.“43 „Fanfarone schikte nun seine jungen Sprossen [...] wie Christus einst die Apostel, in die ganze Welt aus. Sie erschienen vor dem Krankenbett; aber nicht mit der menschenfreund lichen den leidenden Kranken so aufrichtenden, so Trost und Hof- nung einflößenden Miene. Ihr Ton war rauh und gebietrisch, ihr Blick finster, und stolz, und der gefüllose Feldscherer gukte auf allen Seiten durch den travestirten Arzt durch. Das brachte sie nicht in den besten Ruf, und wen nicht die Not drükte, ließ einen wirk lichen Arzt rufen. Die Aerzte lächelten über diesen kleinen Sieg, den sie ohne Streit und Blutvergiessen über den grossen Fanfarone davon trugen; Fanfarone aber ärgerte sich über die Einwohner des Affenlandes, die von einem Arzt eine menschenfreund liche Miene, Teilnehmung und Höflichkeit fordern.“44 Der Gebrauch teurer Wachsmodelle war in Richters Darstellung Beweis für den chirurgischen Mangel an Vernunft, Reife und Einfühlungsvermögen, und so endete er seinen Angriff auf die neue Institution mit einer langen Mängelliste, die die teuren anatomischen Modelle enthielt: „Die Aerzte lächeln also noch immer über den Doktor Fanfarone, [...] seine unbärtige Zöglinge, die vor jedem Arzt auspuken, über die Bart- scherer in Doktorhüten, über die schöne Rarität, schöne Spielebät seiner anatomischen Präparaten, [...] über seine Autorschaft, über seine Latinität ohne Latein, über seine medizinische Pfuscherei, [...] über seinen Haß gegen alle Aerzte, und endlich über das ganze medizinisch-chirurgische Treibhaus, durch daß er alle Aerzte aus der Welt hin- aus zu treiben hoffet.“45 Mitglieder der Josephsakademie versuchten schon früh, auf diese Vorwürfe zu ant- worten. So betonte der Dozent Johann Hunczovsky in einer Rede im selben Jahr (Abb.  6), dass „[b]ey der Aufnahme dieser Zöglinge sowohl auf die Eigenschaften des Körpers als jene der Seele Rücksicht genommen [wird], und man ist ebenso aufmerk- sam auf ihr sitt liches Betragen, als man es in der Folge auf die Fortschritte wird, die sie in den Wissenschaften machen“.46 Trotz dieser Repliken bestimmte Richters Satire maßgeblich den Ton für weitere öffent liche Angriffe auf das Josephinum und seine Wachsmodellsammlung. Der Arzt Johann Peter Franz Xaver Fauken griff insbesondere das Motiv der mangelnden Reife und Männlichkeit in seinem Entwurf zu einer Einrichtung der Heilkunde von 1794 auf. Darin lobte er Ärzte als wahre „Staatsbürger“, die „die Wirthschaft und den 43 Ebenda, 53–54. 44 Ebenda, 59–60. 45 Ebenda, 64–68. 46 Hunczovsky 1787, 21.
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Schöne Wissenschaften Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Titel
Schöne Wissenschaften
Untertitel
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Autor
Nora Fischer
Herausgeber
Anna Mader-Kratky
Verlag
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7001-8642-7
Abmessungen
20.9 x 29.3 cm
Seiten
306
Kategorie
Kunst und Kultur
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