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Schöne Wissenschaften - Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
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88 Nora Fischer Interesses an Stichwerken ist anzunehmen, dass Mechel Gelegenheit fand, die Stich- sammlung in der Konzeption Durazzos zu studieren. Mit Sicherheit kann aber davon ausgegangen werden, dass Mechel und Durazzo auf dieselben kennerschaft lichen Sys- tematiken zurückgegriffen haben, die im 18. Jahrhundert theoretisch ausgearbeitet und in Stichsammlungen praktisch umgesetzt wurden. Es stellt eine bemerkenswerte Koinzidenz dar, dass jener Pierre-Jean Mariette, dessen Kontakt Mechel in Paris suchte und 1772 fand, auch für die Anlage der Stichsammlung Alberts von Sachsen-Teschen eine Vorreiterrolle spielte:31Als jüngster Spross der berühmten Buchhändler- und Verleger dynastie Mariette war Pierre-Jean im Alter von nur 23 Jahren von 1717 bis 1718 zum Sammlungsaufbau der Graphiksammlung des Prinzen Eugen hinzugezogen worden, deren struktureller Aufbau wiederum eine Inspirationsquelle für Durazzo darstellte.32 Konsequenterweise wurden beide Stichsammlungen – jene des Albert von Sachsen-Teschen und jene des Prinzen Eugen – nach dem Ersten Weltkrieg in der Albertina vereint. Wie verschlungen die Wege auch waren, es erscheint schlüssig, dass gerade der Kupferstecher und Verleger Christian von Mechel, der unvermittelt zur Neuordnung einer Gemäldesammlung herangezogen wurde, die Galerie gleichsam wie ein graphi- sches Mappenwerk handhabte und auf Wänden eine Ordnung nach Malerschulen wie- dergab, die bis dahin in dieser Konsequenz nur in diesen vorkam. Es ist auch nahelie- gend, diese Transformationsleistung Mechels als logische Konsequenz aus seiner Beschäftigung mit Graphiken zu sehen, zumal die Betrachtung solcher Reproduktio- nen auf die kennerschaft liche Beurteilung von Gemälden abzielte. Sichtbare Geschichte der Kunst „Der Zweck alles Bestrebens gieng dahin, dieses schöne durch seine zahlreiche Zimmer-Abtheilungen dazu völlig geschaffne Gebäude so zu benutzen, daß die Einrichtung im Ganzen, so wie in den Theilen lehrreich, und so viel möglich, sichtbare Geschichte der Kunst werden möchte.“33 Während Durazzo von einer „praktischen Geschichte der Malerei“34 sprach, ging Mechel mit der Hängung der Gemälde – zumindest theoretisch – einen Schritt weiter: Eine „sichtbare Geschichte der Kunst“, eine generelle Kunstgeschichte sollte veran- schaulicht werden. Nur: Eine Kunstgeschichtsschreibung im eigent lichen Sinn respek- tive ein theoretisches Fundament für die Systematisierung neuzeit licher Kunst als Gesamtheit gab es zum frag lichen Zeitpunkt noch nicht. Der erste sogenannte „Klas- 31 Koschatzky 1964, 11. 32 Zur Geschichte der Graphiksammlung des Prinzen Eugen vgl. Krasa 1986, 293–297, und Benedik 2010b, 155–156. Zu Pierre-Jean Mariette: Smentek 2014. 33 Mechel 1783, XI–XII. 34 Albertina Wien, Giacomo Durazzo, Discorso Preliminare, Venedig 1776, Fassung I, Inv. Nr. 30858d, recto.
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Schöne Wissenschaften Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Titel
Schöne Wissenschaften
Untertitel
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Autor
Nora Fischer
Herausgeber
Anna Mader-Kratky
Verlag
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7001-8642-7
Abmessungen
20.9 x 29.3 cm
Seiten
306
Kategorie
Kunst und Kultur
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