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Schöne Wissenschaften - Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
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94 Nora Fischer das Vorzüglichste dieser Sammlung aufs anschaulichste darstellt.“48 Zugleich rief die daraus resultierende Konsequenz, dass die Gemälde unweigerlich als historische Arte- fakte relativiert und eine qualitativ urteilende Betrachtung hintangestellt wurde, die schärfste Kritik hervor. Joseph Sebastian Rittershausen, der mit den Betrachtungen über die kaiser liche könig liche Bildergallerie zu Wien 178549 eine Art Gegenschrift zum Mechel-Katalog verfasste, wandte sich vehement gegen eine vorrangige Wertung des Kunstwerks nach Maßgabe einer Geschichte der Kunst. Die „historische Kenntnis“50 dürfe nicht zum Selbstzweck der Aufstellung werden, die Gemälde sollten über ihre kunstgeschicht liche Bedeutung hinaus zur „Empfindung des mensch lichen Herzens“51 geordnet sein, wie er formuliert. Rittershausens Hinwendung zu einer idealisierten und empathischen Kunstauf- fassung, in deren Zentrum die ästhetische Wirkung des Kunstwerks steht, kann bereits als Verweis auf einen neuen Entwurf der Ästhetik in der Romantik gewertet werden. Mit der Einfühlung in ein einzelnes Kunstwerk zeichnet sich jedoch eine Richtung ab, die – zu Ende gedacht – den Bezug zu einem anderen Kunstwerk überhaupt verwirft. Streng genommen verbietet die „Empfindung des mensch lichen Herzens“,52 um bei der Begrifflichkeit von Rittershausen zu bleiben, jeg liche Relativierung, die der Ver- gleich eines Kunstwerks mit einem anderen mit sich bringt. Diese Konsequenz führte später zu dem berühmten Ausspruch Wilhelm Heinrich Wackenroders: „Vergleichung ist ein gefähr licher Feind des Genusses; auch die höchste Schönheit der Kunst übt nur dann, wie sie soll, ihre volle Gewalt an uns aus, wenn unser Auge nicht zugleich seit- wärts auf andere Schönheit blickt.“53 Auch wenn sich gegen Ende des Jahrhunderts Tendenzen zur Abwendung der „historischen Kenntnis“54 und Hinwendung zu einer idealisierten und empathischen Kunstauffassung bemerkbar machten, in deren Zentrum die ästhetische Wirkung des Kunstwerks steht, wurde an eine grundsätz liche Rücknahme der Innovationen von Mechels Galerieaufstellung von 1781 nicht gedacht und die einmal eingeführte Syste- matik nach Malerschulen beibehalten. In Zusammenhang mit der Rezeption neuer kunsthistorischer Methoden und theoretischer Modelle, die in Wien um 1780 zur Ausarbeitung kamen, hatte Mechel es verstanden, die kaiser liche Galerie zu „revolutionieren“55, indem er die geschriebene Kunstgeschichte in eine „sichtbare Geschichte der Kunst“ gewandelt und im öffentlich gemachten Museum einem breiten Publikum vermittelt hat. 48 Hilchenbach 1781, 39. 49 Rittershausen 1785. 50 Ebenda, 89. 51 Ebenda, 90. 52 Ebenda, 89. 53 Wackenroder 1797, 124. 54 Rittershausen 1785, 89. 55 Vgl. Pommier 2006, 55–65.
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Schöne Wissenschaften Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Titel
Schöne Wissenschaften
Untertitel
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Autor
Nora Fischer
Herausgeber
Anna Mader-Kratky
Verlag
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7001-8642-7
Abmessungen
20.9 x 29.3 cm
Seiten
306
Kategorie
Kunst und Kultur
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