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Schöne Wissenschaften - Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
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Die Bilder der Burg Karlštejn und die Erfindung(en) der Kunstgeschichte 101 Suche nach ästhetischem Genuss motiviert27 als von einem tiefen (kunst)historischen Interesse. Niellierte Metallplatten und Probeabzüge dienten ihm als Beweismittel, die große Menge der zusammengetragenen Nielli bildete ein argumentatives Bollwerk.28 Es scheint, als habe Durazzos Strategie gefruchtet. In kaum einer Publikation des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts zur Geschichte des Kupferstichs bleibt seine Sammlung – und vor allem der berühmte Zolfo – unerwähnt. Luigi Lanzi29 nimmt in seiner Storia pittorica ebenso Bezug auf Durazzo wie Pietro Zani in seinen Materiali per servire alla storia dell’origine e de’ progetti dell’incisione in rame e in legno (1802)30 oder William Young Ottley in An inquiry into the origin and early history of engraving (1816) und Carl Friedrich Rumohr in seiner Untersuchung der Gründe für die Annahme dass Maso di Finiguerra Erfinder des Handgriffes sei […] (1841). Zudem gelangten Nach- stiche seiner kostbaren „stampine“ in die Sammlung von Albert von Sachsen-Teschen und fanden derart Eingang in Adam von Bartschs Standardwerk Le peintre graveur.31 27 So zeigte sich Karl Graf Zinzendorf 1779 als er Durazzo in Mestre besuchte und dort dessen Gra- phiksammlung studierte von den häss lichen Drucken vor Dürer irritiert, erkannte aber deren (kunst) historischen Wert: „Ensuite nous feuilletâmes les anciens peintres allemands avant Albert Durer. Ce sont de vilaines estampes fort dures, mais curieuses pour l’historique“, Tagebucheintrag vom 10.  Juni 1779, zit. nach Klingenstein / Faber / Trampus 2009, 436. 28 Die Bedeutung der schieren Menge belegt auch eine Briefstelle Armanos: „Io sarò sempre persuaso del maggior numero, potendosi il minore alterare, e contraffare più facilmente; e con tre stampe uno non può avere un bell’argomento per provare l’uso della stampa in rame, perché si suol dire che un fiore non fa primavera!“ G. A. Armano an Pelli Bencivenni vom 26.  November 1779, zit. nach Turrio Baldassarri 2003, 100. Bartsch zweifelte gerade wegen der so geringen Anzahl der erhaltenen Nielli- Drucke deren Relevanz für die Entwicklung des Kupferstichs an: Bartsch 1811, 12. 29 Lanzis Position in dieser national aufgeladenen Debatte ist komplex. Einerseits kritisiert er Vasaris These – laut Lanzi habe sich der Kupferstich direkt aus dem Holzschnitt entwickelt –, andererseits verteidigte er die Position Italiens: „La causa è ben perorata, ma non è vinta. Confrontiam ragioni con ragioni. Gl’Italiani hanno in lor favore la storia, i Tedeschi l’han contro“, Lanzi 1795/1796, 89. Diese patriotische Perspektive verdeutlicht auch folgende Briefstelle: „Fin che gli oltramontani non ci additano nella incisione i primi tentativi dell’arte calcografica nel modo che ci additano quei dell’arte tipografica, ci potranno soverchiare con urli, non già vincenti con ragioni“, Luigi Lanzi an Mauro Boni, 1.  März 1803, zit. nach Pastres 2009, 281. 30 Zu Zani und Durazzo vgl. v. a. Canepa 2012. 31 Im 13. Band des Peintre graveur, der den alten italienischen Meistern gewidmet ist, findet sich der Essai sur l’histoire de la découverte de l’impression des estampes (Bartsch 1811, 1–22), in dem Bartsch darlegt, dass Maso Finiguerra den Tiefdruck bloß rein zufällig entdeckt habe, die Perfektionierung des Kupferstichs aber eine deutsche Errungenschaft sei. Eine eigene Abteilung des Bandes ist den Copies modernes gravées d’après des planches niellées gewidmet (ebenda, 49–63), die den Nielli der Sammlung von Giacomo Durazzo entsprechen und von Giovanni Maria de Pian und Giovanni David angefertigt worden sein dürften (Maffioli 1999, 100). Es ist unklar, ob Durazzo diese Reproduktionen beauftragt hat, um sie an Albert von Sachsen-Teschen zu verkaufen (etwa weil er sich von den Origi- nalen nicht trennen wollte), oder ob diese in erster Linie als Illustrationen für den geplanten Traktat gedacht waren. Dass die Wiener Sammlung auch bloß über diese Nachstiche Wirkung im Sinne Durazzos erlangen konnte, zeigt eine Notiz im Tagebuch von Giuseppe Acerbi während seines Wien-Aufenthaltes 1814: Nachdem er kurz zuvor die Sammlung Alberts gesehen und dort die Nielli(-Kopien) studiert hatte, traf er am 12.  November 1814 Bartsch in der Hofbibliothek, mit dem  er über die Erfindung des Kupferstichs sprach. Voller Stolz hielt Acerbi darauf fest: „È nostra gloria il vedere che anche quest’arte uscì prima d’ogni altro luogo perfetta in Italia“, zit. nach Gabrieli  1972, 108.
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Schöne Wissenschaften Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Titel
Schöne Wissenschaften
Untertitel
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Autor
Nora Fischer
Herausgeber
Anna Mader-Kratky
Verlag
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7001-8642-7
Abmessungen
20.9 x 29.3 cm
Seiten
306
Kategorie
Kunst und Kultur
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