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Schöne Wissenschaften - Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
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Die Bilder der Burg Karlštejn und die Erfindung(en) der Kunstgeschichte 103 löste Lessing eine Suche nach den ältesten Zeugnissen der Ölmalerei aus, galt es doch nun, deren neuen Erfinder zu ermitteln.38 Vor diesem Hintergrund muss auch der 1779 erschienene Beitrag Etwas zur Kunst- geschichte Böhmens von Franz Lothar Ehemant gelesen werden.39 Ehemant berichtet in dieser, mehrere Jahrhunderte umfassenden Darstellung einer „böhmischen Kunst- geschichte“ unter anderem auch von den Malereien in der Burg Karlštejn bei Prag. Diese verdienten besondere Aufmerksamkeit, da sie größtenteils in Öltechnik verfer- tigt worden seien.40 Hervorzuheben seien vor allem jene 122 Tafelbilder, die die Wände der Heilig-Kreuz-Kapelle schmückten, könnten diese doch dem am Hof von Karl IV. dokumentierten Maler Nikolaus Wurmser zugeschrieben und somit um 1360 datiert werden.41 Dass es sich hierbei tatsächlich um Ölgemälde handle, würden auch Beob- achtungen des Malers und Restaurators Kastner – wohl Jan/Johann Kastner – bestäti- gen. Selbst wenn das historische Verdienst der Erfindung der Ölmalerei anderen gebühren sollte, seien – betont Ehemant patriotisch – die böhmischen Beispiele doch die ältesten bislang bekannten. Ganz im Sinne dieser Publikation trugen die Karlštejner Bilder somit dazu bei, die historische Bedeutung Böhmens durch die Würdigung seiner Kunstproduktion unter Beweis zu stellen. Entscheidend ist, dass Ehemant hierbei Böhmen nicht einfach als Region, sondern als „Nation“42 begreift, und zwar – obgleich er selbst deutschsprachig war – explizit als slawische.43 Wenn er am Ende seines Berichts zu den Karlštejner Bildern stolz vermeldet, dass er sich „nun schmeicheln“ darf, „unter allen bisher bekannten Oelgemälden, die ältesten in unserem Vaterlande aufgesucht zu haben“,44 dann zielt sein Landespatriotismus folglich nicht etwa auf das Habsburgerreich ab, sondern fraglos auf ein autonom verstandenes Böhmen.45 38 Auch schon vor Lessings Veröffentlichung gab es ein gesteigertes Interesse an dieser Frage. Carl Heinrich von Heineken erwarb etwa bereits 1755 Gemälde aus kurfürstlich-könig lichem Besitz, vor allem altdeutsche Malerei, mit der Absicht, sich „in der Antiquität aus diesen Stücken ein Studium zu formiren und vielleicht zu decouvriren, daß die Mahlerey in Öhlfarbe noch eher in Sachsen als in den Niederlanden exerciret worden“, zit. nach Kolb 2015, 191. 39 Ehemant 1779. Zu Ehemant, Professor an der Universität in Prag, vgl. Kurze Biographie 1788, Sadílková 2000 und Prahl 2004. 40 Ehemant 1779, 210–214. Zur Geschichte der kunsthistorischen Erforschung Karlštejns allgemein Fajt / Royt 1998, 108–122. 41 Ehemant bezieht sich auf historische Dokumente, veröffentlicht in Glafey 1734, 43 und 490. 42 Ehemant 1779, 207. 43 Wenn er etwa notiert, dass „an alter Geschichte […] die Böhmen, nächst den Russen, unter allen slavischen Völkern“ die reichsten seien (ebenda) – ein geradezu wortwört liches Zitat nach Schlözer 1771, 288. Bemerkenswert ist zudem, dass er sich nicht nur des deutschen Begriffs „Böhmen“ bedient, sondern auch die technischen Fähigkeiten der „alten Czechen“ würdigt (ebenda, 209). Den- noch muss festgehalten werden, dass Ehemants böhmischem Landespatriotismus noch kein ethnisch definierter Nationenbegriff zugrunde lag. 44 Ebenda, 214. 45 Zum Problem einer böhmischen Identitätskonstruktion im späten 18. Jahrhundert – allerdings aus Perspektive der Nobilität – vgl. Krueger 2009, 25–35.
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Schöne Wissenschaften Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Titel
Schöne Wissenschaften
Untertitel
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Autor
Nora Fischer
Herausgeber
Anna Mader-Kratky
Verlag
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7001-8642-7
Abmessungen
20.9 x 29.3 cm
Seiten
306
Kategorie
Kunst und Kultur
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