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Schöne Wissenschaften - Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Seite - 113 -
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Die Bilder der Burg Karlštejn und die Erfindung(en) der Kunstgeschichte 113 finissime gomme impastare con chiara, o con rossi d’uovo; e che l’istesso può sospett- arsi di simili opere che dieder luogo fra noi a tal controversia.“77 Waren Mechels Behauptungen also bloß ein kunsthistorischer Bluff? Wusste man tatsächlich bereits 1780, dass Mutina und Wurmser in Tempera- anstatt in Öltechnik gearbeitet hatten? Oder handelt es sich hier doch nur um eine Gehässigkeit des Patri- oten Durazzo, um eine hinterlistige Attacke im Kampf zwischen Italienern und Deut- schen auf dem Schlachtfeld der Kunstgeschichte? Trotz der Fehlurteile rund um die Bilder aus Karlštejn, zählt Mechels Neukonzep- tion der Deutschen Schule unter Aufsicht von Kaunitz wohl zu den folgenreichsten Innovationen der Belvedere-Hängung. In dieser experimentellen Phase der frühen Kunstgeschichte wurden in Karlštejn und Wien naturwissenschaft liche Untersu- chungsmethoden erprobt und damit ein neues Forschungsfeld eröffnet. Ähnlich wie bei Giacomo Durazzos Beschäftigung mit den Nielli traten ästhetische Fragestellun- gen in den Hintergrund und wurde das Kunstwerk vor allem als historisches Doku- ment betrachtet. Eben dieser nüchtern-wissenschaft liche Blick ermöglichte in beiden Fällen eine Neubewertung der „primitiven Kunst“ des Mittelalters und der Früh- renaissance. Ausgangspunkt, sowohl für Durazzo wie auch für Mechel, war hierbei das Schaffen von Ordnung. Insbesondere die mit dieser Ordnung einhergehende Chronologisierung der Kunst verlieh der Frage nach dem Ursprung besondere Dring- lichkeit. Eigent liche Triebfeder der Forschung wurde jedoch eine andere Ordnungs- kategorie: die der Schule. Wenngleich noch sehr vage, verband sich mit diesem Begriff nämlich nicht allein eine regional-topographische Kategorisierung, sondern zuneh- mend eine Nationalisierung der Kunst. Die Suche nach den Ursprüngen war – sowohl was den Kupferstich als auch die Ölmalerei betrifft – auch eine Suche nach nationaler Identität, sei es im ungeeinten Italien, im diffus-zersplitterten Deutschland oder im mehr sprachigen Böhmen. Nachschrift: Mutina und die Folgen Als Friedrich Schlegel 1808 Karlštejn besichtigte, war er von der malerischen Ausstat- tung der Burg tief beeindruckt. Vier Jahre später beklagte er in der von ihm herausge- gebenen Zeitschrift Deutsches Museum den vernachlässigten Zustand dieser Malereien und ermutigte „Böhmens Kunstfreunde und Patrioten“, Karlštejn „zum Gegenstande eines künstlerischen Nationalwerks“ zu machen, etwa nach dem Vorbild der kurz zuvor erschienenen Lettere pittoriche sul Campo Santo di Pisa (1810).78 Mit seinem Artikel rief er zur Neubewertung des Mittelalters sowie zur Restaurierung und Erfor- schung der Burg als „historisches Denkmahl alter Nationalerinnerung für ganz Böh- men“ auf.79 Es sollten viele Jahre vergehen, bis mit Joseph Neuwirths Mittelalter liche 77 Lanzi 1795/1796, 2.1, 22. In der Ausgabe der Storia pittorica von 1824 erscheint diese Stelle leicht modifiziert (Bd. 1, 111). 78 Schlegel 1812, 362–363. 79 Ebenda, 364.
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Schöne Wissenschaften Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Titel
Schöne Wissenschaften
Untertitel
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Autor
Nora Fischer
Herausgeber
Anna Mader-Kratky
Verlag
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7001-8642-7
Abmessungen
20.9 x 29.3 cm
Seiten
306
Kategorie
Kunst und Kultur
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