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Schöne Wissenschaften - Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Seite - 124 -
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124 Gernot Mayer Reliquien in verschiedenen Einfassungen oder vielmehr Einschnitten die in die Räh- men der Bilder, und manchmal selbst in die Malereyen angebracht waren, aufbewahrt wurden, wie aus der Oefnung, die auf Beylage sub. L. B. der Nummer 6. bezeichnet ist zu ersehen. Nur noch einen Grund, der sogar manchen Zweifler einzutreiben fähig seyn wird. Bey der öftern Besteigung der Leytern war ich so glücklich noch sieben Hl. Hl. Reli- quien theils in die Rähmen, theils in die Malerey selbst eingelassen, ausfindig zu machen, die im Jahre 1645. bey Uebertragung der Reliquien in die Prager Domkirche, aus Versehen der Commissarien, zurückgelassen wurden, und von denen seit dieser Zeit kein Mensch in dasigem Schlosse was wusste. Für ihre Aechtheit sind mir indes- sen theils die Aufschriften, die an einer in Goldblech gegraben, auf den übrigen auf Pergament geschrieben sind, theils der Krystall, womit sie, statt Glas, bedeckt worden, bürgen. Erstlich fand ich auf der Kreuzigung sub No.  1. zwey über zween Zoll lange Stück- chen vom Kreuze Christi, sodenn einen Dorn von der Krone, und eine grosse Partikel von dem Schwamm, womit der Erlöser getränkt worden. Darauf an Gebeinen eine Partikel von Hl. Markus No 21. Hernach ein Stückchen vom St.  Veit sub No.  44. Sodenn eine Reliquie von Hl. Ottmar am No.  94. Endlich eine Partikel vom Hl. Galli mit der Aufschrift auf Goldblech unter No.  96. Einen einzigen Einwurfe muß ich noch begegnen, der das Alter dieser Malereyen verdächtig machen könnte. Diesem. Auf dem Gemälde sub. No.  108. findet man auf dem Schilde Karls des Grossen einen doppelten Adler, der doch nicht einmal zu Kaiser Karls IV Zeiten in dem kaiser lichen Wappen gedoppelt, sondern einfach geführt ward. Doch dieser Vorwurf fällt bey einer genauen Prüfung dieses Schildes gänzlich weg. Denn erstlich ist es aus Holz geschnitzt und ans Bild genagelt; sodenn ist es von Wurmsern gar nicht, desto mehr aber das Bild angegriffen; auch die Vergoldung ist am Schilde ungleich blanker als die unmittelbar auf dem Bilde aufsitzt; endlich ist aus der Gleichheit der Zeichnung des Adlers, der von aussen des Thüres im Jahre 1698. gemalt worden (Balbini Miscell. Hist. Dec I. Lib. III pag. 106.) klar zu sehen, daß diese Schilde zu Kaiser Rudolphs Zeiten, zum Ersatz derer, die in den hussitischen Unruhen, ihres innern Werthes wegen, verloren gegangen, adaptirt wurden. Bey so bewandten Sachen wäre es wohl zur Aufklärung der Kunstgeschichte von äusserster Schätzbarkeit, aus unwidersprech lichen Belägen darzuthun, und die Ansprü- che zu vergleichen, welche Mutina und Wurmser, auf die Ehre, die Oelfarben, wo nicht erfunden, doch früher, als alle bisher bekannte Oelmaler, gebraucht zu haben, machen dürfen. So angelegen ich mirs auch, seit der Entdeckung der Gemälde des Mutina, habe seyn lassen: so weis ich dennoch bis her nichts darauf zu antworten, als daß ich aus den bereits oben angeführten Umständen, nämlich weil drey Stück, als No.  5, 6 und 7. zur Zeit der Einrichtung der Kreuzkirche, aus einem Altare ausgeschnitten und neu ein- gefasst worden, weil sie schlechter, als die Stücke vom Wurmser gezeichnet sind, und weil der letztere schon von Lackfarben Gebrauch gemacht hatte, daß, sage ich, diese Vermuthungen ungleich mehr für den Mutina, als Wurmsern streiten, und ich daher versucht werde dem erstern ein etwas grösseres Alter beyzu legen.
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Schöne Wissenschaften Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Titel
Schöne Wissenschaften
Untertitel
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Autor
Nora Fischer
Herausgeber
Anna Mader-Kratky
Verlag
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7001-8642-7
Abmessungen
20.9 x 29.3 cm
Seiten
306
Kategorie
Kunst und Kultur
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