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Werner Telesko
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maria-theresianischen und josephinischen Kulturleben
Bereits vor dem Antritt seiner Funktion als Präsident der Wiener Akademie der bil-
denden Künste (1811) hatte sich der bedeutende Aufklärer, Staatsmann und Schrift-
steller Joseph von Sonnenfels in einer Schrift aus den späten Sechzigerjahren des
18. Jahrhunderts äußerst kenntnisreich zu aktuellen Fragen der Kulturpolitik im
Allgemeinen und der bildenden Kunst im Besonderen geäußert (Abb.
1). Diese publi-
zistische Tätigkeit und die darin angesprochenen Inhalte dürfen als ungewöhnlich
bezeichnet werden, ist doch die theoretisch ausgerichtete Kunstliteratur in Österreich
in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Vergleich zu entsprechenden Tätigkeiten
in Deutschland, Frankreich und Großbritannien relativ gering ausgeprägt. Dieser ten-
denziellen Theorieferne der inhalt
lichen Ausrichtung der Texte der Autoren in habs-
burgischen Ländern entspricht auch die von zeitgenössischen Schriftstellern kaum
tiefergehend kommentierte Kunstproduktion im Zeitalter Maria Theresias, die von
nur wenigen Persönlichkeiten – vor allem aber vom Hofmaler Martin van Meytens
dem Jüngeren und seiner Werkstatt1 – dominiert wurde.
Es stellt sich somit die in den folgenden Ausführungen zu behandelnde Frage, ob
Sonnenfels mit seiner Schrift Von dem Verdienste des Portraitmalers (Wien 1768)2 dem
Kunstschaffen Österreichs und insbesondere der institutionellen und künstlerischen
Ausrichtung der Akademie der bildenden Künste in Wien, mit der Sonnenfels als ihr
seit dem 27. Jänner 1769 amtierender Sekretär3 eng verbunden war, neue Impulse ver-
mitteln konnte. Aus diesem Grund soll das genannte Traktat einer genauen Lektüre
und einer darauf basierenden Einordnung unterzogen werden. Beide Schritte haben
letztlich auch eine Beseitigung des markanten Defizits der aktuellen Forschung in der
Analyse der Schrift zum Ziel. Die Publikation von Sonnenfels geht hinsichtlich ihres
konkreten Anlasses auf eine Rede des Autors anlässlich der feier
lichen Preisverteilung
in der Akademie (am 23. September 1768) zurück.
Der Wiener Verleger Joseph Kurzböck ließ in Von dem Verdienste des Portrait-
malers eine Vignette mit dem wenig bekannten Aristides von Theben (zweite Hälfte
des 4. Jahrhunderts v.
Chr.) in den Haupttitel stellen, ein Schüler des Euxenidas, der in
Form einer Profilbüste Darstellung findet (Abb. 2). Aristides wird gemeinhin als
äußerst kenntnisreich in der Vergegenwärtigung von Seelenzuständen und Leiden-
schaften gerühmt. Durch ihn wurde die bereits von Polygnot geübte enkaustische
Malerei weiter vertieft. Mit dem der bekannten Naturgeschichte des Plinius entlehnten
1 Lisholm 1974; AK Meytens 2014.
2 Sonnenfels 1768.
3 Karstens 2011, 163.
Schöne Wissenschaften
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Titel
- Schöne Wissenschaften
- Untertitel
- Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Autor
- Nora Fischer
- Herausgeber
- Anna Mader-Kratky
- Verlag
- Österreichische Akademie der Wissenschaften
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8642-7
- Abmessungen
- 20.9 x 29.3 cm
- Seiten
- 306
- Kategorie
- Kunst und Kultur