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Schöne Wissenschaften - Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Seite - 172 -
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172 Markus Krajewski Die grundlegende Schwierigkeit der lokalen, das heißt gestellgebundenen Signie- rung jener Einheiten, die ihrerseits die Signatur von Autoren tragen,15 wird im Moment massiver Neuzugänge bzw. -bauten nur allzu deutlich. Ein Überlaufen des Bücher- stroms kann auch die Kapazität des größten Repositoriums sprengen. Vorausgesetzt, dass der verfügbare Speicherraum es überhaupt zulässt, sind die Bibliothekare zu auf- wendigen Umräum- und Sortierarbeiten gezwungen. Um diesem fortwährenden Umordnungszwang zu entgehen, wird eine neue, ihrerseits beweg liche Administra- tion erforderlich. Es bedarf einer Verwaltung von Verweisen, die das manifeste Buch nicht mehr über die Aufstellung auffindet, sondern anhand seiner Systemstelle im alphabetisch sortierten oder systematisch klassifizierten Katalog nachweist. Eine Ver- weisung, die ihrerseits nicht starr, sondern beweglich ist. Dieser buchstäb liche Bewe- gungswechsel des Suchverfahrens leitet von der Ebene der Bücher am Regal auf die Ebene der Ordnung im Katalog über. Notwendig bleibt in der beweg lichen Verwaltung die exakte Adressierung des Standorts, deren Tiefe den Rekruten / das Buch in seiner Behausung erfassen muss. Die Conskriptions-Nummer / Signatur oder der Stadt- / Bibliotheksplan verzeichnet genau, wo sich welches Segment im Raum befindet. Gleichzeitig ermöglicht die genaue Adressierung eine höher repräsentierende Logik des Einschubs: Neuzugänge werden in die regelrechte Ordnung der Listen gebracht, sortiert nach wissenschaft lichen Kri- terien oder nach alphabetischer Reihung. Statt sie zwischen den bestehenden Einhei- ten einzurücken, dürfen sie – in der Reihenfolge ihres Erscheinens – getrost hintan- gestellt werden: Das numerus-currens-Verfahren in der Bibliothek erweist sich gleich- sam als Antwort auf den immer stärker anschwellenden Bücherstrom. „Der Ort, wo ein Buch steht, ist höchst gleichgültig“,16 stellt der weitsichtige Bibliotheksanalytiker Albrecht Christoph Kayser schon 1790 fest. Die Frage, wo welches Buch aufzufinden sei, richtet sich daher nicht mehr an die systematisch aufgestellten Behausungen. Es ist die symbolische Ordnung des Katalogs, die den diskreten Einheiten ihren Ort zuweist. Doch auch diese muss der Anforderung nach beweg lichen Systemen (und ebenso fle- xibler Systematik) genügen. „Damit der Zweck der Signatur, Verstellungen zu verhü- ten, sicher erreicht wird, muß das Buch innen und außen die individuelle Standorts- bezeichnung erhalten, die auch bei dem Titel im Katalog vermerkt ist.“17 Sofern diese grundlegenden Regeln der Adressierung Beachtung finden, dürfte der Katalog den Weg zum gewünschten Buch ebenso weisen, wie ein Ortskundiger den Suchenden zum Ziel leitet. Die Erfindung der Hausnummer und die Entwicklung des sogenannten numerus currens als neues Prinzip der Bücheraufstellung im Wien der 1770er-Jahre sind als bibliothekarische Begriffssprache zu erlernen, wenn mit gesundem Menschenverstand eingerichtete Kataloge ihm sofort mit Hilfe einer einfachen Standortsnummer, d. h. der Hausnummer, den kürzes- ten Weg zu dem gewünschten Buch weisen.“ 15 Vgl. zur Signatur der Signatur Jochum 1993, 83–85, und zum Titelblatt als erster Adresse Giesecke 1998, 420–425. 16 Kayser 1790, 10. 17 Leyh 1961, 693.
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Schöne Wissenschaften Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Titel
Schöne Wissenschaften
Untertitel
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Autor
Nora Fischer
Herausgeber
Anna Mader-Kratky
Verlag
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7001-8642-7
Abmessungen
20.9 x 29.3 cm
Seiten
306
Kategorie
Kunst und Kultur
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