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Schöne Wissenschaften - Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Seite - 175 -
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Wie ordnet sich Habsburg? Stillstellung und Beweglichkeit um 1780 175 Diesem Auslieferungsbefehl folgt ein von Gottfried van Swieten eigenhändig vor- genommener Selektionsprozess.31 Anhand der zugesendeten Kataloge – restlose Erfas- sung vorausgesetzt – werden die hofbibliothekseigenen Bestände um alle noch nicht vorhandenen Schriften erweitert. Sobald die Kataloge mit den verbliebenen, der mut- willigen Vernichtung entgangenen Beständen aus den einzelnen Ländern in Wien ein- treffen, beginnt van Swieten mit seiner Arbeit. Gemäß seiner Praxis als Zensor der Studienhofkommission scheidet er die eintreffenden Bücher in aufzubewahrende oder zu vernachlässigende. Was 1750 noch der buchstäblich nachdrück lichen Aufforderung Maria Theresias an den Verleger Johann Thomas Trattner bedarf, „daß es unser Staatsprinzip sei, Bücher hervorbringen zu lassen, es ist fast gar nichts da, es muß viel gedruckt werden“,32 findet schon wenige Jahre später seine Einlösung. Denn gegen Ende der theresianischen Regentschaft schicken sich die Bestände der aufgelösten Klöster an, dem Bücherstrom gen Wien zuzufließen. Nach den neuer lichen Klosteraufhebungen nicht nur jesuiti- scher Ordensgemeinschaften in den Erblanden33 unter Josephs II. Alleinherrschaft ebbt diese Welle erst 1787 wieder ab. Die überflüssigen Bände, die in der Hofbiblio- thek keine Aufnahme finden, dienen nicht zuletzt als Zahlungs- und Gratifikations- mittel für andere, wertvollere Werke.34 Den ausgeschiedenen und verbannten Büchern widerfährt dabei eine eher geringe Wertschätzung, wenngleich sie immer noch dazu dienen können, ganz andere Pfade zu ebnen. „Bekannt sind die Berichte über die Zer- störung von Büchern beim Transport aus Lilienfeld im Jahre 1789. Damals wurden von den Fuhrwerkern Kodizes dazu verwendet, die schlechten Wege passierbar zu machen.“35 Der Prozess der starken Zuflüsse versickert damit. Der Speicher der Hof- bibliothek indes läuft über. Leichen pflastern seinen Weg. Damit die Bibliothek im Überfluss der Bücher nicht vollständig untergeht, bedarf es nunmehr einer katalogtechnischen Antwort auf die Zuströme. Welche Kanalisie- rungen lenken den Datenfluss, der sich aus den nachdrück lichen Quellen, den Inkor- porationen und aufgelösten Klöstern ergießt? Es sind vornehmlich vier Taktiken, mit denen die Bibliotheksverwaltung der Flut begegnet, um systemische Ordnungen in das Feld der Ableitungen zu bringen. Zunächst wäre da der bereits erwähnte sukzessive Vergleich zwischen den freige- setzten Kloster-Beständen und dem Fundus der Hofbibliothek. Voraussetzung dafür ist jedoch ein Gesamtverzeichnis der bereits vorhandenen Druckwerke, nicht zuletzt als Schablone zum Vergleich. Für jene Bände, die sich als Dubletten herausstellen, ist schnell eine Abflussmöglichkeit gefunden: Neben anderweitigen Ausscheidungen werden sie den Universitäten der jeweiligen Provinzial-Hauptstädte zugewiesen, in deren Distrikt sich die Klöster befunden haben.36 31 Vgl. Radlecker 1950, 107. 32 Zit.  nach Bosse 1981, 10. 33 Vgl. Mosel 1835, 183. 34 Vgl. Wieser 1968, 276–277. 35 Gutkas 1989, 331. 36 Vgl. Mosel 1835, 163.
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Schöne Wissenschaften Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Titel
Schöne Wissenschaften
Untertitel
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Autor
Nora Fischer
Herausgeber
Anna Mader-Kratky
Verlag
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7001-8642-7
Abmessungen
20.9 x 29.3 cm
Seiten
306
Kategorie
Kunst und Kultur
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