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190 Andrea Seidler
Wissensdisziplinen im Fokus des jeweiligen Periodikums standen, wird oft schon aus
dem Titel ersichtlich: Sammlungen nütz licher und angenehmer Gegenstände aus allen
Theilen der Naturgeschichte, Arzneywissenschaft, und Haushaltungskunst; Anzeige
und Rezensionen der neuesten erscheinenden Werke der Militärliteratur; Bibliothek
der österreichischen Litteratur, wobei der Terminus „Litteratur“ oft die Gesamtheit
der Buchproduktion, ohne inhalt liche Unterscheidung umfasste.
In den Vorworten wird meist die Vollständigkeit anstrebende Erfassung der erschie-
nenen, einschlägigen Werke versprochen – ein Unterfangen, das bei zunehmender
Buchproduktion natürlich nicht mehr eingehalten werden konnte. Diese Vorwörter
sind insofern häufig von großem Informationswert, als sie in vielen Fällen erst verfasst
wurden, als die einzelnen Stücke der jeweiligen Zeitschrift zu einem Band zusammen-
gefasst wurden und erneut auf den Markt kamen. So hatten die Herausgeber noch die
Möglichkeit, ihre Erfahrungen mit dem Lesepublikum zu beschreiben, auf eventuelle
Unzufriedenheit zu reagieren oder noch einmal ihre Standpunkte zu bekräftigen.
Die Wiener Gelehrten Nachrichten
Wie erwähnt waren die Gelehrte[n] Nachrichten [später Beyträge] zu dem Wieneri-
schen Diarium oder Auszüge aus verschiedenen ausländischen Monat- und
Wochenschriften,9 erschienen ab Samstag, den 5.
April 1766, gemeinsam mit der Num-
mer 28 des Hauptblattes, das erste in Wien gedruckte Blatt dieser Art, das dem Publi-
kum gesammeltes Wissen über aktuelle Buchpublikationen näherbrachte (Abb. 4).
Die Gelehrten Nachrichten / Beyträge nahmen jeweils drei Seiten der Samstagsaus-
gabe des Wien[n]erischen Diarii ein. In ihnen finden sich bereits ausführ
liche Buch-
besprechungen, die sich über mehrere Seiten erstrecken, und darüber hinaus Diskussi-
onsbeiträge sowie Briefe an den Herausgeber, die sich mit dem Format der Rezension
und der Objektivität des Rezensenten auseinandersetzen. Daneben werden reine
Buchhändlernachrichten abgedruckt in Form von tabellarischen Übersichten der
liefer baren Titel in diversen Wiener Buchhandlungen und Artikel, die aus den ver-
schiedensten europäischen Blättern übernommen worden waren.10 Die Beilage stellt
also eine publizistische Mischform aus gelehrten Abhandlungen und Rezensionen dar.
Das Themenspektrum ist sehr weit gestreut: Naturwissenschaften, Geschichte, schöne
Literatur, gemischte Rezensionen – oft in Fortsetzungen gedruckt.
Das erste besprochene Werk ist Carolius Krapfs Beschreibung seiner und Hofrat
Anton von Störks (ab 1767 Maria Theresias Leibarzt) Versuche, die heilsame Wirkung
von Pflanzen, genauer des Hahnenfußes nachzuweisen.11 Das Mittel wurde gegen
9 Hrsg. Unbekannt, 3 Jgg., Wien: Ghelen, ab 5. April 1766–1769, 4°. Online: AustriaN Newspaper
Online (ANNO) der Österreichischen Nationalbibliothek ANNO unter http://anno.onb.ac.at/
cgi-content/anno?aid=wrz [29.01.2019].
10 Seidler / Seidler 1988, 72–73; Reisner / Schiemer 2016.
11 D. i. Caroli Krapf, Magni Hetruriae Ducis, Archiducis Austriae, Archiatri, Acad. Botan. Florent.
Sodalis Experimenta de nonnullorum Ranunculorum venenata qualitate, horum externo, & interno
usu., Viennae (ex Offic. Kraus) 1766.
Schöne Wissenschaften
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Titel
- Schöne Wissenschaften
- Untertitel
- Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Autor
- Nora Fischer
- Herausgeber
- Anna Mader-Kratky
- Verlag
- Österreichische Akademie der Wissenschaften
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8642-7
- Abmessungen
- 20.9 x 29.3 cm
- Seiten
- 306
- Kategorie
- Kunst und Kultur