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192 Andrea Seidler
aber eindeutig von einem fachkundigen Mediziner oder Chemiker verfasst worden.
Gelobt wird in beiden Fällen die Wiener Medizin und Gerhard van Swieten als erfolg-
reicher, innovativer Arzt.13 Die nächste Nummer der Beilage widmet sich dem Thema
der Moral und Tugend und bezieht sich auf einen Vortrag, den Christian Fürchtegott
Gellert 1765 in der Universitätsbibliothek Leipzig gehalten hatte. Der Text war bei
Weidmann in Leipzig erschienen und wurde durch den Rezensenten als Lektüre zwar
wärmstens, wenn auch auf drastische Weise empfohlen.14 Als „Elende Witzlinge“, die
durch ihre Trägheit tieferer Überlegungen unfähig seien und die „Oberfläche der
Weisheit, der Wissenschaft von ferne erblickten“, wird das Publikum angesprochen
und ihm der Rat gegeben, zu lesen und dabei zu „erröthen“.15
Die Gelehrten Nachrichten tragen dieselbe Folgenummer und dasselbe Datum wie
das jeweilige Hauptblatt und dürften vermutlich nicht getrennt zu beziehen gewesen
sein. Die Samstagsausgabe des Wien[n]erischen Diarii war in der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts immer schon um einen Anhang erweitert gewesen, der sich optisch in
seiner einspaltigen Form von dem Hauptteil mit zwei Spalten abhebt. Nach nur drei
Jahren kam allerdings das Aus für diese spezifische rezensierende Publikation. Die
neueste Forschung kam zu dem Schluss, dass es letztendlich am kritischen gelehrten
Publikum in Wien gemangelt habe und das Supplement deswegen wieder eingestellt
worden sei.16
Die Bibliothek der österreichischen Litteratur
1769 bringt sich bereits der Drucker und Buchhändler Johann Thomas Trattner mit
der leider kurzlebigen Bibliothek der österreichischen Litteratur, herausgegeben von
Dominik von Fidler, ins Spiel.17 In der Ankündigung beruft sich der Verfasser, also
vermutlich Fidler, auf einen österreichischen Kulturauftrag, der sich an das deutsche
Vorbild anlehnt, nämlich: „Was die beyden leipziger Bibliotheken der schönen Wissen-
schaften und der freyen Künste, was die berliner Litteraturbriefe, was Klozens Biblio-
thek, was die allgemeine deutsche Bibliothek in Beziehung auf die ganze Litteratur
Deutschlands vor Augen hatten und noch haben, dies soll unter den bestimmten
13 Vgl. Reisner / Schiemer 2016, 109.
14 D. i. Von der Beschaffenheit, dem Umfange, und dem Nutzen der Moral; eine Vorlesung auf Befehl,
und in hoher Gegenwart Sr. Churfürst lichen Durchlauchtigkeit zu Sachsen Friedrich Augusts, den
29sten April 1765. Auf der Universitätsbibliothek zu Leipzig gehalten von C.F. Gellert. Leipzig bey
M.G. Weidmanns Erben.
15 Ebenda.
16 Reisner / Schiemer 2016, 109.
17 65 Stücke, Wien: Trattner 1769–1770, 8°, vierteljährlich. Die Bibliothek wurde von Fidler heraus-
gegeben, wobei mancherorts Klemm als Mitherausgeber bezeichnet wird. Jedoch dürfte dies nicht
den Tatsachen entsprechen: Die Bibliothek war eindeutig gegen Klemm eingestellt und griff ihn auch
zuweilen heftig an. Auch Klotz (Bibliothek der schönen Wissenschaften), der selbst immer wieder
gegen Klemm Stellung bezog, verwehrte sich gegen die denunziatorische Art der Zeitschrift (vgl. die
Rezension der Briefe über die neuere österreichische Litteratur im 3. Bd., 112–117, sowie 314 und
4. Bd., 262); Seidler / Seidler 1988, 49–50.
Schöne Wissenschaften
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Titel
- Schöne Wissenschaften
- Untertitel
- Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Autor
- Nora Fischer
- Herausgeber
- Anna Mader-Kratky
- Verlag
- Österreichische Akademie der Wissenschaften
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8642-7
- Abmessungen
- 20.9 x 29.3 cm
- Seiten
- 306
- Kategorie
- Kunst und Kultur