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Zum gelehrten Journalismus im maria-theresianischen und josephinischen Wien 193
Schranken der österreichischen Litteratur, gegenwärtiger periodischen Schrift festge-
setzter einziger Gegenstand seyn.“18 Der Geschmack der Österreicher sollte verbes-
sert, der Wille und die Neigung zum Lesen gefördert, Werke vor dem Vergessen geret-
tet werden. Man wollte „guten Schriftstellern [...] sagen, daß sie gut sind; schlechten,
daß sie schlecht sind“.19 Eingeleitet wurde die Zeitschrift durch einen Text zum Plan
zu einer Geschichte der österreichischen Litteratur, Ovids Zitat „Et pius est patriae
facta referre labor“ wurde als Motto gewählt, also die Taten des Vaterlandes zu preisen,
sollte das Bemühen des Blattes sein. Dieser Plan berichtet vom Stand der Wissen-
schaften und der Literatur in Österreich und lobt die Regierungszeit Maria Theresias,
die den Beginn einer neuen, die Sprache und die Wissenschaften fördernden Ära in der
Geschichte der Monarchie darstelle. Sie sei gekennzeichnet durch einen Aufschwung,
der sich unter anderem der Verdrängung der Jesuiten von ihrem Schulmonopol ver-
danke.
Der Verfasser des detailreichen Überblicks berichtet darin nicht nur über die
Wissenschaften und die Literatur, über gute und schlechte Protagonisten auf den
Gebieten, er geht auch auf die eben erst in den Anfängen stehende Zeitschriftenland-
schaft Österreichs ein und nennt Verfasser wie Mitarbeiter der in der Regel anonym
erschienenen Blätter. Der Beitrag stellt somit eine wichtige zeitgenössische Quelle für
die Medienforschung dar. In den einzelnen Stücken finden sich in der Folge neben den
Rezensionen auch einige gelehrte Abhandlungen, Berichte aus den bildenden Künsten
und anderes. Das erste besprochene Werk ist ein literarisches, die von Christoph
Regelsperger, einem Professor der „Dichtkunst“ an der Universität Wien verfassten
Idyllen auf die Abreise der Erzherzogin M. Carolina nach Neapel (1768), die bei
Trattner erschienen sind. Auf das überschwäng
liche Lob, das dem Autor gilt, folgt der
Abdruck einiger Oden, allerdings ohne jeg liche Besprechung der Texte. Die zweite
Buchnachricht betrifft einen Versuch in Fabeln, verfasst von einem gewissen
D. Schwarz, 1768 bei Ghelen publiziert, zu dessen Kritik sich der Verfasser erst nach
dreimaligem Lesen überwinden konnte. „Nehmen wir sie wieder zur Hand. Kommen
sie also heraus Herr D. Schwarz! Es wird im Angesicht des ganzen Publikums über sie
Gericht gehalten.“20 Der Autor kommt in der Rezension nicht gut weg, seine Texte
werden mit jenen der deutschen Fabeldichter Lichtwer und Gellert verg
lichen, wobei
sogar zwei Texte, Gellerts Lerche und Schwarzens Text einander direkt gegenüberge-
stellt werden, um Schwarz des Plagiats zu überführen. Die Fabeln hätten keine Aus-
sage, kein moralisches Leitmotiv: „Uns deucht immer, Herr Schwarz habe so auf
gerathewohl Fabeln hingeschrieben, ohne zu wissen, was eigentlich eine Fabel sey.“21
Der Beitrag endet mit einer Anlehnung an Lessings Definition der Fabel als eine
Geschichte, „in welcher man den allgemeinen Satz anschauend erkennet“.22 Der
18 Bibliothek der österreichischen Litteratur, Bd. 1, Wien 1769, Ankündigung, unpaginiert.
19 Ebenda.
20 Bibliothek der österreichischen Litteratur, Bd. 1, Wien 1769, 36–37.
21 Ebenda, 48.
22 Ebenda.
Schöne Wissenschaften
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Titel
- Schöne Wissenschaften
- Untertitel
- Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Autor
- Nora Fischer
- Herausgeber
- Anna Mader-Kratky
- Verlag
- Österreichische Akademie der Wissenschaften
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8642-7
- Abmessungen
- 20.9 x 29.3 cm
- Seiten
- 306
- Kategorie
- Kunst und Kultur