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200 Andrea Seidler
für Weltgeschichte an der Universität Freiburg. Der Großteil der Rezensenten in jose-
phinischer Zeit, wie auch jener in maria-theresianischer Zeit, stand im Dienste des
erfolgreichen Wiener Buchhändlers und Verlegers Johann Thomas Trattner.
Wie aus obigen Ausführungen zu sehen, wagten sich in Wien nur wenige Redak-
teure und Verleger an die Edition von Rezensionsorganen. Trattner, das führende Ver-
lagshaus, stellte dabei eine Ausnahme dar. Im Vergleich zur ausländischen Presseland-
schaft machen diese Blätter jedoch einen verschwindend geringen Anteil der gesamten
Produktion von Periodika aus. Auf dem österreichischen Medienmarkt überwog ein-
deutig die hybride Form aus „Gelehrter Zeitschrift“ mit eingerückten Buchbespre-
chungen oder – noch häufiger – überhaupt nur die Buchhändlerwerbung im Anhang
einer Publikation bzw. auf dem sogenannten „Blauen Mantel“, wie der Einband von
Zeitschriften aufgrund seiner Farbe genannt wurde. Aus den Vorworten und Rezensi-
onen der Blätter selbst lässt sich herauslesen, dass diese neue, offene Form der Kritik
vermutlich sowohl den kritisierten Autoren als auch den bisweilen angegriffenen
Rezensenten Probleme bereitete. Der Umgang mit den „Feindseligkeiten“ musste erst
gelernt werden. Auch dürfte Christian Oggolder recht damit haben, dass der Buch-
markt der habsburgisch regierten Länder für reine Rezensionsorgane doch zu klein
war, und die Drucker und Buchhändler mit deren Edition Verluste schrieben.
Das Allgemeine Bücherjournal von Wien (1782–1783) wurde 1789 im Journal von
und für Deutschland, herausgegeben von Siegmund Freyherrn von Bibra, rezensiert
und vor allem der Beschluss zur Einstellung des Blattes besprochen, dessen Heraus-
geber Schönfeld sich darin auf äußere Umstände berufen hatte: „[...] so muss er doch
bemerken, dass hauptsächlich die von einer gewissen Seite unfreund
liche Miskennung
seiner Hauptabsicht ihn zu diesem Entschluß mit bestimmen konnte. – Übrigens hält
er sich überzeugt, daß es der Ehre eines rechtschaffenen Mannes nichts benehmen
kann, das Opfer seines guten Willens zu werden.“43 Der Rezensent führt etwas abschät-
zig aus, es habe sich bei dem Allgemeinen Bücherjournal ohnehin inhaltlich meist um
die Aufzählung bloßer Büchertitel gehandelt, die bisweilen von Anzeigen begleitet
waren, und schließt: „Das ganze eine Buchhändler-Speculation, die nicht viel Vortheil
mag getragen haben und darum hauptsächlich unterblieben wird sein.“44– Eine Fest-
stellung, die vermutlich für die meisten der oben erwähnten Wiener Blätter und ihre
Verleger ihre Gültigkeit hatte.
43 Journal von und für Deutschland, 6. Jg., 7. St., Frankfurt a. M. 1789, 469.
44 Ebenda.
Schöne Wissenschaften
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Titel
- Schöne Wissenschaften
- Untertitel
- Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Autor
- Nora Fischer
- Herausgeber
- Anna Mader-Kratky
- Verlag
- Österreichische Akademie der Wissenschaften
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8642-7
- Abmessungen
- 20.9 x 29.3 cm
- Seiten
- 306
- Kategorie
- Kunst und Kultur