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208 Thomas Wallnig
V. Gelehrte Periodika im Reich: Göttingische Anzeigen von gelehrten Sachen,
Wie gestaltet sich aber die Wahrnehmung der Wiener – und habsburgischen –
G elehrsamkeit in einem der einschlägigen periodischen Druckwerke der Zeit, den
Göttingischen Anzeigen von gelehrten Sachen aus dem Jahr 1780?16
Die Bedeutung von Rezensionszeitschriften wie den Göttingischen Anzeigen lag
nicht nur in der Bekanntmachung von Neuerscheinungen aus verschiedenen Wissens-
gebieten, sondern auch in der Schaffung eines bestimmten Wissenschaftskanon und
der Definition einer Topographie des Wissens. So gesehen trifft auf diese Quelle nicht
völlig zu, dass sie gelehrsamkeitspolitisch nicht identitätsbildend wirkte, doch ist die
Intention hinter der Kanonbildung keine explizite – wie bei De Lucas Gelehrtem
Österreich – und auch keine staatlich gesteuerte; vielmehr diente das Organ der Selbst-
vergewisserung der Universität Göttingen. In welcher Weise das nun gezeigte Bild
seinerseits ein Göttinger Erfolgsnarrativ abbildet, wäre eine andernorts zu behan-
delnde Frage (Graphik 5). Sieht man von dem naheliegend dominanten Anteil an
Göttinger Einträgen (100) ab, so bleibt dennoch ein auffallend gemischtes Feld: Es
folgen Leipzig (71), Paris (49), London (27), Berlin (24), Mannheim (20), Nürn-
berg (16), doch dann bereits Wien (15), noch vor Zürich (13), Halle (12), Stock-
holm (11) und Kopenhagen (10).
Betrachtet man die Betreffe der 15 Wiener Einträge,17 so finden sich hier tatsächlich
die bekannten Namen aus unterschied lichen Wissensbereichen wieder (wie Ignaz von
Born, Max Hell oder Michael Denis), daneben aber auch Autoren, die selbst bei De
Luca keinen Eintrag haben (etwa Lorenzo Soardi, Wolfgang Mucha, Wolfgang von
Bethlen oder Franz de Paula Neumann). Auch wenn der Unterschied von zwei bzw.
16 Zur Zeitschrift vgl. Habel 2007. Die Ausgabe ist online verfügbar: https://rep.adw-goe.de/
handle/11858/00-001S-0000–0001-943F-F?show=full [28.02.2019].
17 Auf den Seiten: 12, 171, 220, 289, 308, 350, 469, 779, 835, 881, 917, 921, 981, 1162, 1224.
Graphik 5: Geographische Visualisierung der Ortsnennungen am Beginn von Einträgen in den
Göttingischen Anzeigen von gelehrten Sachen, Ausschnitt (Thomas Wallnig / Palladio)
Schöne Wissenschaften
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Titel
- Schöne Wissenschaften
- Untertitel
- Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Autor
- Nora Fischer
- Herausgeber
- Anna Mader-Kratky
- Verlag
- Österreichische Akademie der Wissenschaften
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8642-7
- Abmessungen
- 20.9 x 29.3 cm
- Seiten
- 306
- Kategorie
- Kunst und Kultur