Seite - 209 - in Schöne Wissenschaften - Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Bild der Seite - 209 -
Text der Seite - 209 -
Wissen in Wien, 1780. Eine digitale Annäherung 209
vier Jahren zwischen De Luca und den Göttingischen Anzeigen hier zu berücksichti-
gen ist, kann dennoch festgehalten werden, dass aus Göttinger Sicht Wien weit mehr
Teil eines deutschen und europäischen Gelehrtennetzwerks war, als De Luca dies dar-
stellen wollte. Auffallend ist zudem, dass Wien nicht mit einem spezifischen Wissens-
gebiet assoziiert wurde, sondern dass die Einträge verschiedene Bereiche der Natur-
wissenschaften (etwa Physik oder Hydrographie), der Philosophie sowie verschiedene
historisch-antiquarische Disziplinen umfassten (Numismatik oder Diplomatik).
VI. Korrespondenzen: drei (nicht aussagekräftige) Experimente mit Kalliope
Es wäre wünschenswert, diesen Befund anhand umfangreicher Corpora von Gelehrten-
korrespondenzen gegenprüfen zu können. Dies ist jedoch zum gegenwärtigen
Zeitpunkt nicht in seriöser Weise möglich, da kaum entsprechende Korrespondenz-
kataloge vorliegen, die als Daten ausgewertet werden könnten.
Die folgenden drei Visualisierungen stellen den Versuch dar, aus der Nachlass-
datenbank Kalliope18 Korrespondenz-Metadaten zu extrahieren, welche die räum
liche
Streuung des Briefwechsels individueller Gelehrter dokumentieren: von Nikolaus
Joseph von Jacquin, Joseph von Sonnenfels und Ignaz von Born. Die Samples sind
allerdings zu klein, um irgendeine Aussagekraft zu besitzen: Es handelt sich um insge-
samt 31 (Jacquin), 10 (Sonnenfels) und 12 (Born) Briefe (Graphiken 6–8).
Für eine belastbare Verortung von „Wissen in Wien, 1780“ anhand von Gelehrten-
korrespondenzen wird es notwendig sein, die Datenbasis erheblich zu erweitern. Dass
dies möglich ist und entsprechend aussagekräftige Analysen zulässt, zeigen mehrere
auf Grundlage von spezifischen Settings konzipierte Plattformen, wie Briefe und Texte
aus dem intellektuellen Berlin um 180019, Circulation of Knowledge and Learned
Practices in the 17th-century Dutch Republic20 oder – angelegt als gesamteuropäische
Infrastruktur – Early Modern Letters Online21. Keine von ihnen erlaubt derzeit freilich
eine Abfrage zur Wiener Gelehrsamkeit um 1780.
Begriffe und Themen: drei Abfragen im Wien[n]erischen Diarium
Ähn liches wie zu den Metadaten für Korrespondenzen muss zu größeren digitalen
Textcorpora gesagt werden. Im westeuropäischen und nordamerikanischen Bereich
wird seit mehreren Jahrzehnten an der Erstellung solcher Corpora gearbeitet, was
(etwa rund um die digitale Version der Encyclopédie)22 zu interessanten Zugängen im
Bereich der Geschichts- und Literaturwissenschaft geführt hat: Es geht hier etwa um
die quantitative Gegenüberstellung von tatsächlich in der Encyclopédie zitierten
18 https://kalliope-verbund.info/de/index.html [01.09.2020].
19 https://www.berliner-intellektuelle.eu/ [28.02.2019].
20 http://ckcc.huygens.knaw.nl/epistolarium/ [28.02.2019].
21 http://emlo.bodleian.ox.ac.uk/ [28.02.2019].
22 The ARTFL Encyclopédie: https://encyclopedie.uchicago.edu/ [28.02.2019].
Schöne Wissenschaften
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Titel
- Schöne Wissenschaften
- Untertitel
- Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Autor
- Nora Fischer
- Herausgeber
- Anna Mader-Kratky
- Verlag
- Österreichische Akademie der Wissenschaften
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8642-7
- Abmessungen
- 20.9 x 29.3 cm
- Seiten
- 306
- Kategorie
- Kunst und Kultur