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Schöne Wissenschaften - Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Seite - 229 -
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Die Zugänglichkeit der k. k. Hofsammlungen in Wien und das Publikum 229 Pezzl fungiert anschließend als Sprachrohr für seine Mitstreiter, indem er in seiner Skizze von Wien aus dem Jahr 1787 einen Missstand anprangert: „Ich glaube, man könnte, ohne dem Publikum einen Zwang zu thun, Kindern und andern ganz niedri- gen Leuten den Eingang verwehren […].“75 Aus dieser Formulierung können wir ebenfalls ableiten, dass für Pezzl und seine Anhänger „ganz niedrige Leute“ und Kin- der nicht zum Publikum gehörten. Das Publikum waren nur die erwünschten Besu- cher. Bei Füger zeigt sich in seinem bereits zitierten Antrag aus dem Jahr 1813 eine wesent liche Verschiebung, indem er als Hofbeamter die Galeriebesucher mit dem Wort Publikum bezeichnet: „Die willkür liche Zulassung der allergeringsten Volks- classen von der Straße wird dadurch [durch die regulierenden Maßnahmen] vermin- dert, für welche Kunst- und wissenschaft liche Sammlungen nicht geeignet sind, und den gebildeten Ständen des Publicums wird der Genuss der Gallerie um so viel ange- nehmer werden, der nur bei geräuschloser Betrachtung stattfinden kann.“76 Die Konturen des Begriffs sind hier weiter gefasst: Indem von bestimmten Ständen des Publicums gesprochen wird, scheint das Publikum selbst zu einer undefinierten Allge- meinheit zu werden, die mehrere „Stände“ umfassen kann, auch jene der Ungebildeten – nur nicht „geringe Leuthe“, die offenkundig wie niemand anderer für Unruhe sorgten. Ein nächster Schritt findet sich in den Verhaltungsmassregeln für die Gallerie- custoden, die Galeriedirektor Josef Rebell 1825 aufstellte und beim Oberstkämmerer- amt einreichte. Punkt 4 daraus lautet: Die Custoden „müssen an Tagen, wo dem Publicum der Einlass gestattet ist, […] zugegen sein, für Anstand und Ordnung wachen und den erscheinenden Personen die Gemälde mit Bereitwilligkeit erklären“.77 Hier wird der Terminus Publicum jetzt auch hofintern zur Bezeichnung schlichtweg der Galerie besucher verwendet.78 Für unsere Ohren klingt das so selbstverständlich, dass wir vergessen, dass dies ein paar Jahrzehnte zuvor noch nicht der Fall war, auch wenn der Hof – als Gnade – ein großes Maß an Zugänglichkeit eingeführt hatte. So können wir vorsichtig schlussfolgern, dass in der Museumsgeschichte erst ab jenem Zeitpunkt von einem Galerie- bzw. Kabinetts- und schließlich Museumspubli- kum gesprochen werden kann, an dem der Zugang nicht mehr bestimmten Kategorien der Gesellschaft als Gnade gewährt wurde, sondern zumindest als Vergünstigung und eigentlich erst vollständig als Recht für alle. 75 Pezzl 1787, 3. Heft, 441–442; Schryen 2006, 489–490. 76 Lhotsky 1941–1945, 487–488, verweist auf Oberstkämmereramt Nr. 23 ex 1825; Schryen 2006, 301. 77 Ebenda. 78 Es ging um diejenigen, die außerhalb der allgemeinen Öffnungszeiten keinen Anspruch auf eine persön liche Verabredung mit dem Direktor erheben konnten. Vgl. Anm. 51 über Johann Gottlob von Quandt, der dieses Vorrecht 1813 durchaus genoss.
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Schöne Wissenschaften Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Titel
Schöne Wissenschaften
Untertitel
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Autor
Nora Fischer
Herausgeber
Anna Mader-Kratky
Verlag
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7001-8642-7
Abmessungen
20.9 x 29.3 cm
Seiten
306
Kategorie
Kunst und Kultur
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