Seite - 238 - in Schöne Wissenschaften - Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Bild der Seite - 238 -
Text der Seite - 238 -
238 Eva Kernbauer
einer Subskription finanziert worden war. Über die Subskriptionsbedingungen war
bereits 1787 in einem kurzen Artikel in der Wiener Zeitung informiert worden, der
zugleich auch die Präsentation des Gemäldes in Quadals Atelier auf der Wieden
ankündigte.30 Diese Einzelbildpräsentation kennzeichnet den unternehmerischen
Geist des weit gereisten Künstlers, der sich nicht nur an den konventionellen akademi-
schen Karrieremöglichkeiten orientierte. Auch das Gruppenporträt von Lehrenden
und Schülern im Aktsaal, für das Quadal explizit auf neue Bildmodelle aus England
zurückgriff, illustriert den komplexen Spielraum des kosmopolitischen Künstlers
innerhalb des Wiener Öffentlichkeits- und Wissenschaftsverständnisses des 18. Jahr-
hunderts.
Das Gruppenporträt entstand „nach der Natur“, basierte also vermutlich auf Ein-
zelporträtsitzungen (wobei weder Zeichnungen noch Skizzen dieser Sitzungen erhal-
ten oder dokumentiert sind). Die Identifizierung der Dargestellten wird durch eine
Nachzeichnung des Gemäldes im Bestand der Akademie erleichtert, die diese nament-
lich kenntlich macht.31 Das Gemälde zeigt den Aktsaal der Akademie in einer Ideal-
situation, ausgestattet mit Requisiten, die das Zeichnen und Modellieren nach der
Natur ermög lichen. Im Vordergrund sitzend blickt sich Quadal zum Betrachter um
und unterbricht damit seine Arbeit an einer Zeichnung, aus der das Gruppenporträt
hervorgehen wird. Links neben ihm weist, in prominenter Position, der Direktor der
30 [Franz Benedikt] Ratakowsky, Kunstsachen Ankündigung (datiert auf den 6. Oktober), in: Wiener
Zeitung Nr. 82 (13. Oktober 1787), pag. 2495. Ich danke Gernot Mayer für die Übersendung des
Eintrags.
31 Akademie der bildenden Künste Wien, Kupferstichkabinett (Inv.-Nr. KuKa-30.020B). Mög-
licherweise entstand diese Zeichnung in Vorbereitung für Jacobés Mezzotinto von 1790. Ich stimme
der gängigen Literatur nicht zu, die eine eigenhändige Vorzeichnung Quadals annimmt, da es sich in
meinen Augen offenkundig um eine Nachzeichnung handelt.
Abb. 2: Gabriel de Saint-Aubin, Ansicht des Salons von 1767 (Paris, Privatsammlung)
Schöne Wissenschaften
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Titel
- Schöne Wissenschaften
- Untertitel
- Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Autor
- Nora Fischer
- Herausgeber
- Anna Mader-Kratky
- Verlag
- Österreichische Akademie der Wissenschaften
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8642-7
- Abmessungen
- 20.9 x 29.3 cm
- Seiten
- 306
- Kategorie
- Kunst und Kultur