Seite - 52 - in „ In diesen schweren Tagen“ - Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
Bild der Seite - 52 -
Text der Seite - 52 -
52 Emil Ertls Gesundheitszustand verschlechterte sich im Laufe der Kriegsjahre.
Schon länger kränklich, suchte er Anfang Juli 1915 unter Beilage eines ärztli-
chen Attestes um einen sechswöchigen Erholungsurlaub für Juli und August
an.69 Im Juli und August 1916 wurde ihm ebenso ein insgesamt vierwöchiger
Erholungsurlaub zugestanden.70
Auch aus dem Briefwechsel Ertls mit seinem Freund und Schriftstellerkol-
legen Peter K. Rosegger kann man das eine oder andere über die Situation
des Bibliotheksdirektors und seiner Familie erahnen. So gab Rosegger Emil
Ertl in einem Brief vom 10. April 1917 recht, was dessen offensichtliche Kla-
ge über Missgriffe der Behörden anbelangte, insbesondere der Behörden der
Nahrungsfürsorge. Offensichtlich machten Ertl und seiner Familie inzwischen
starke Inflation und Nahrungsmittelmangel schwer zu schaffen. In einem Brief
vom 6. Juni 1917 wird dies noch deutlicher. Peter K. Rosegger hatte sich mitt-
lerweile wieder einmal über den Sommer aufs Land nach Krieglach begeben,
und riet seinem Freund Ertl:
Und jetzt, lieber Freund, schau, daß auch Ihr aus der Stadt kommt. An Deiner
Stelle würde ich mich in Spital am Semmering niederlassen u. dort die jungen
Mütter mit den Enkerln herbeilocken u. in einem solchen Gottesfriedenkreis
geborgen den Wahnsinn der Zeit vertoben lassen. Als Vertreter des Spitaler
Bürgers Sommerstorff, der ja, glaube ich, doch wieder nicht kommen will oder
kann, hättest Du ja wohl das Recht der Verpflegung dort? - Aber es ist schwer,
Pläne machen, wenn man jede Woche über eine andere „Verordnung“ stolpert;
und wenn man auf einer fest zu stehen glaubt, sie einem flugs wieder unter
den Füßen weggezogen wird. Aber es ist auch für die Behörden ungeheuer
schwer, unerhörte Theorien ohne weiteres in praktischen Gang setzen zu müssen.
Na, einstweilen kann ma halt durchhalten.
Dein
Peter Rosegger71
Offensichtlich kam Direktor Ertl dem Ratschlag seines Freundes Rosegger
nach und beantragte noch Mitte Mai einen Urlaub vom 18. Juli bis zum 28. Au-
gust 1917. Der Rektor genehmigte diesen mit dem Hinweis darauf, dass dieser
Urlaub ohnedies in die schwach frequentierten Sommermonate falle und Ertl
in der Zwischenzeit von Bibliothekar Dr. Trenkler vertreten werden könne.72
69 ATUG, Rektoratsakte 546 ex 1915, Schreiben vom 9. 7. 1915.
70 ATUG, Rektoratsakte 538 ex 1916, Schreiben der Statthalterei vom 27. 6. 1916.
71 Otto JANDA: Peter Rosegger. Das Leben in Briefen, 2. Auflage, Graz 1948, S. 324 und 327 f.
Mit dem „Bürger Sommerstorff“ ist ein gemeinsamer Freund Roseggers und Ertls,
der Schauspieler Otto Müller, Edler von Sommerstorff, gemeint, der bereits geraume Zeit
eine Villa in Spital am Semmering besaß und Ehrenbürger dieser Gemeinde war.
Sommerstorff war darüber hinaus der Schwiegervater von Emil Ertls Sohn Herbert.
72 ATUG, Rektoratsakte 384 ex 1917, Schreiben vom 21. 5. 1917.
Emil Ertls
Gesundheitszustand
verschlechtert sich
„ In diesen schweren Tagen“
Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Titel
- „ In diesen schweren Tagen“
- Untertitel
- Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Autor
- Bernhard Reismann
- Herausgeber
- Technische Universität Graz
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-627-7
- Abmessungen
- 20.0 x 25.0 cm
- Seiten
- 334
- Schlagwörter
- Forschungseinrichtung, Universität, Bildung, Krieg, Forschung, TU Graz
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918