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60 Professor Schüssler am Lehrstuhl für Darstellende Geometrie teilte dem Rek-
torat mit, dass zwar sein zweiter Assistent schon mit Kriegsbeginn eingezo-
gen worden war, dass aber die bevorstehende Einberufung seines Assisten-
ten Viktor Bobek den Lehrbetrieb nicht beinträchtigen würde, da er selbst
einspringen könne. Bobek rückte am 1. Februar 1915 zum Ersatzbataillon des
Eisenbahnregimentes in Korneuburg ein und arbeitete im Jänner 1917 beim
k. u. k. Seilbahnmagazin in Neumarktl in Südtirol.84
An der Lehrkanzel für Maschinenbau stand Privatdozent und Konstrukteur
Dr. Julius Magg zur Einberufung an, konnte aber zunächst noch durch die Assis-
tent Stockhammer und Korren sowie Professor Bendl selbst ersetzt werden.
Magg wurde als geeignet für Baukonstruktionen und den Betrieb aller Arten
von Wärmekraftmaschinen befunden und musste in der Folge zum Ergänzungs-
kommando nach Wien einrücken. Im Februar 1915 wirkte er bereits als Be-
triebsinspektor in der Erzeugungsabteilung V der k. u. k. Artillerie-Zeugsfabrik
des Artilleriearsenals in Wien.85 Damit verschärfte sie die ohnedies schwierige
Situation an dieser speziellen Lehrkanzel weiter, und es war daher auch mehr als
unverständlich, dass sich die Berufung des Zivilingenieurs Robert Honold aus
Regensburg für die seit Juni 1914 zugesagte Errichtung einer zweiten Lehrkanzel
für Maschinenbau aus rein formalen Gründen bis 1916 hinzog und insbesondere
durch die Untätigkeit des Finanzministeriums über Gebühr verzögert wurde.
Dennoch mietete Honold bereits im Sommer 1915 eine Wohnung in Graz, das
einzig richtige Vorgehen, da er bei den wegen Überfüllung von Graz mit Flücht-
lingsfamilien aus dem Süden, mißlichen Wohnungsverhältnissen sonst Gefahr
lief, von Juli an durch ¼ Jahr außerhalb Graz, dem Ort seiner Tätigkeit, wohnen
zu müssen wie das Professorenkollegium in einer erbosten Denkschrift am 2.
Juni 1916 dem Ministerium für Kultus und Unterricht mitteilte.86 Am 31. August
1916 wurde Honold schließlich doch noch als o. Professor für Maschinenbau
(Maschinenzeichnen, Maschinenelemente I, Theorie und Bau der hydraulischen
Motoren und Pumpen) an die Technische Hochschule in Graz berufen.87 Bereits
am 11. September 1916 wurde er allerdings von der Grazer Musterungskommis-
sion als zum Landsturmdienst mit der Waffe geeignet befunden, und nun war
es am Rektorat, rasch um seine Enthebung anzusuchen. Dies geschah mit dem
Hinweis auf die ohnedies prekäre Personalsituation im Bereich des Maschinen-
baus und mit Verweis auf die Tatsache, dass Honold auch über keine wissen-
schaftlichen Hilfskräfte mehr verfüge. Eine tatsächliche Einberufung Honolds
hätte die teilweise Einstellung des Unterrichts zur Folge. Um ganz sicher zu
gehen, dass dem Enthebungsgesuch auch stattgegeben werde, verständigte
das Rektorat unter demselben Datum noch das Ministerium von diesem Schritt.88
Die Enthebung Honolds wurde bereits am 18. September 1916 bewilligt.89
84 ATUG, Rektoratsakte 13 ex 1915, Schreiben vom 30. 12. 1914 und Rektoratsakte 80 ex 1915,
Schreiben vom 28. 1. 1915 sowie ATUG, Rektoratsakte 82 ex 1917, Schreiben vom 23. 1. 1917.
85 ATUG, Rektoratsakte 14 ex 1915, Schreiben vom 4. 1. 1915, Rektoratsakte 80 ex 1915 und
Rektoratsakte 131 ex 1915.
86 ATUG, Rektoratsakte 467 ex 1916, Denkschrift vom 2. 6. 1916.
87 ATUG, Rektoratsakte 708 ex 1916, Schreiben des Ministeriums für Kultus und Unterricht vom
9.8.1916. Honold führte ab 1921 mehrere Prozesse gegen Viktor Kaplan, dem er die Erfindung
der drehbaren Turbinen-Schaufelräder absprach, und wurde nach seiner 1926 erfolgten straf-
rechtlichen Verurteilung wegen Ehrenbeleidigung 1927 vorzeitig, im Alter von erst 55 Jahren,
emeritiert. Er übersiedelte 1931 nach Ulm und verstarb dort 1953.
88 ATUG, Rektoratsakte 775 ex 1916, Schreiben des Rektorats vom 11.9.1916.
89 ATUG, Rektoratsakte 800 ex 1916, Schreiben des Militärkommandos vom 18.9.1916.
„ In diesen schweren Tagen“
Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Titel
- „ In diesen schweren Tagen“
- Untertitel
- Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Autor
- Bernhard Reismann
- Herausgeber
- Technische Universität Graz
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-627-7
- Abmessungen
- 20.0 x 25.0 cm
- Seiten
- 334
- Schlagwörter
- Forschungseinrichtung, Universität, Bildung, Krieg, Forschung, TU Graz
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918