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98 Verwendung finde. Reinitzer schloss seine Ausführungen hinsichtlich des Be-
dürfnisses nach Wandgrün allerdings mit den Worten:
Jedenfalls kann erwartet und gefordert werden, daß es zu Gunsten der Lan-
desverteidigung für eine günstigere Zeit zurückgestellt werde, umso mehr als
die Industrie u. gesammte Bevölkerung mit dem Mangel an Rohstoffen und Er-
zeugnissen von ganz anderer Bedeutung als „Wandgrün“ zu kämpfen und sich
abzufinden habe.
Die Enthebung eines Wehrpflichtigen vom Kriegsdienste nur deshalb, weil
sonst die Erzeugung des „Wandgrüns“ in der ganzen Monarchie in Stockung ge-
rät wäre keinesfalls gerechtfertigt, ganz abgesehen von der Ungerechtigkeit
die darin läge, nur den einen, zufällig letzten Lieferer der Grünerde von seiner
Dienstpflicht zu befreien.
Rudolf Andreasch als Vorstand der Lehrkanzel für Organisch-chemische
Technologie schloss sich den Ausführungen Reinitzers an.176
Nicht entscheidend kriegswichtig war wohl auch die Bestimmung des Wär-
meleitungskoeffizienten der von der Oberösterreichischen Korkfabrik Carl Mo-
ser & Comp. GmbH in Kirchdorf an der Krems erzeugten Korksteinplatten, die
im November 1916 schließlich Professor Franz Streintz übernahm.177
Die Maschinenfabrik Andritz schließlich fragte am 14. Februar 1917 an, ob
die Technische Hochschule Sauerstoffuntersuchungen durchführen könne.
Dabei sollte festgestellt werden, wie hoch die prozentuelle Verunreinigung
des in angelieferten Flaschen befindlichen Sauerstoffs war. Diese Untersu-
chungen nahm schlussendlich Professor Benjamin Reinitzer am Institut für
Chemische Technologie vor.178
Die Technische Hochschule wurde aber auch für das k. k. Landwehrgericht
in Graz tätig. Dieses hatte am 9. März 1917 um ein metallurgisches Gutachten
ersucht, nachdem ein „unbekannter Soldat“ verdächtigt worden war, in einem
Grazer Industriebetrieb einen Metallklumpen entwendet zu haben um diesen
zu veräußern. Erbeten wurde nun eine Analyse über die Zusammensetzung
des Metalls sowie dessen Verwendungsmöglichkeit und Wert.
Professor Benjamin Reinitzer von der Lehrkanzel für Anorganisch-chemi-
sche Technologie gab nach der erfolgten Untersuchung bereits am 10. März
1917 bekannt, dass es sich bei dem Metall um Antimon handelte, das zur Her-
stellung industrieller Legierungen wie Hartblei und Lagermetall verwendet
wurde. In Frage kamen also die Produktion von Bleilettern oder Stereotyp-
platten sowie Lagerschalen für Lokomotivachsen und Maschinenwellen. 1915
wurden 100 Kilogramm Antimon um den Preis von 149 Mark gehandelt.179
176 ATUG, Rektoratsakte 1112 ex 1915, Gutachten vom 8. 12. 1915.
177 ATUG, Rektoratsakte 986 ex 1916, Schreiben vom 27. 10. und vom 12. 11. 1916.
178 ATUG, Rektoratsakte 116 ex 1917, Schreiben vom 14. 2. und vom 1. 3. 1917.
179 ATUG, Rektoratsakte 193 ex 1917, Schreiben vom 9. 3. und vom 10. 3. 1917.
„ In diesen schweren Tagen“
Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Titel
- „ In diesen schweren Tagen“
- Untertitel
- Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Autor
- Bernhard Reismann
- Herausgeber
- Technische Universität Graz
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-627-7
- Abmessungen
- 20.0 x 25.0 cm
- Seiten
- 334
- Schlagwörter
- Forschungseinrichtung, Universität, Bildung, Krieg, Forschung, TU Graz
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918