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134 von Silikaten, Fluorwasserstoff und Alkalicarbonaten hinwies, um darüber
hinaus noch anzumerken: Die gegenwärtige Arbeitsrichtung des Instituts
erfordert unbedingt die Herstellung absolut reiner Reagenzien, eine Auf-
gabe, die ohne Platingeräte vielfach nicht lösbar ist. An Blech, Draht und
Asbest sei nur das unumgänglich Notwendige vorhanden. Ähnlich argumen-
tierte Professor Reinitzer.265
Diesmal wurden von der k. k. Uebernahmskommission für Metalle und Legie-
rungen in Wien tatsächlich „Metalle der Platingruppe“ in Anspruch genommen,
und am 14. August 1917 wurde das Rektorat der Hochschule darüber in Kennt-
nis gesetzt, das die entsprechende Materialsendung in Wien eingelangt war.
Insgesamt wurden auf diese Weise aus Graz 1100,035 Gramm Platin abgelie-
fert, wobei auf die Lehrkanzel für Physik und Elektrotechnik eine Menge von
146,9 Gramm entfiel, auf die Lehrkanzel für Botanik, Warenkunde und Techni-
sche Mikroskopie 9,93 Gramm, auf die Lehrkanzel für Chemische Technologie
organischer Stoffe 92,02 Gramm und auf die Lehrkanzel für Chemische Tech-
nologie anorganischer Stoffe 360,885 Gramm. Den Löwenanteil, beinahe die
Hälfte, lieferte die Lehrkanzel für Chemie mit 480,4 Gramm ab.266
Diese Ablieferung, insbesondere aber der Versuch der maßgebenden Be-
hörde, das 1917 abgelieferte Platin in jedem Fall mit Geld und nicht in Natura
zu vergüten, war im Juli 1918 Anlass für Professor Fritz Emich, mit Nachdruck
und durchaus harschem Ton auf die dadurch eintretenden negativen Folgen
hinzuweisen. Verschärft hatte sich die Situation im ersten Halbjahr 1918 ins-
besondere durch die wieder stark angestiegene Zahl der Studierenden an der
Technischen Hochschule in Graz und durch die Tatsache, dass Platin einfach
nirgends mehr zu erhalten war. Die Denkschrift Emichs an das Professorenkol-
legium, verfasst am 18. Juli 1918, gibt darüber hinaus ein beredtes Zeugnis für
die inzwischen offensichtlich doch veränderte Haltung der Professorenschaft
zum Krieg und seinen Auswirkungen. Emich formulierte dies folgendermaßen:
Wohl jeder Institutsvorstand ist bei der Ablieferung der Platingegenstände
und -präparate in einen Pflichtenkonflikt geraten: einerseits mußte er sich
sagen, daß eine auch vorübergehende Abgabe unersetzlicher Behelfe eine
schwere Benachteiligung der Lehrkanzel bedeute, andrerseits mußte er die
Notlage des Staates in Erwägung ziehen, natürlich gab diese den Ausschlag
und der Institutsleiter gab schwere Herzens her, was er im Augenblick ent-
behren konnte. Aber diese geschah in der festen Überzeugung, daß diejeni-
gen Stellen, die das Platin beanspruchten, ihrerseits auch ihre Pflicht kennen
und das Edelmetall den Instituten nicht länger als unbedingt notwendig, das
heißt, durch die Kriegslage geboten, entziehen würden. Wollte man jetzt nach-
265 ATUG, Rektoratsakte 290 ex 1917, Schreiben vom 13. 4. 1917
und Berichte der Lehrkanzelvorstände.
266 ATUG, Rektoratsakte 743 ex 1917, Schreiben vom 14. 8. und vom 21. 8. 1917.
Abb.: Professor Benjamin
Reinitzer, Foto aus der
Zeit um 1910 (ATUG).
„ In diesen schweren Tagen“
Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Titel
- „ In diesen schweren Tagen“
- Untertitel
- Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Autor
- Bernhard Reismann
- Herausgeber
- Technische Universität Graz
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-627-7
- Abmessungen
- 20.0 x 25.0 cm
- Seiten
- 334
- Schlagwörter
- Forschungseinrichtung, Universität, Bildung, Krieg, Forschung, TU Graz
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918