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182 Zur Finanzierung des Krieges verfiel die österreichisch-ungarische Monarchie,
wie alle anderen kriegsführenden Staaten auch, nicht einmal ansatzweise auf
die Idee, die anfallenden Kosten durch neue Steuern zu decken. Vielmehr wur-
den insgesamt Drei Fünftel der gesamten Kriegskosten durch Kriegsanleihen
finanziert, von denen bis in das Jahr 1918 nicht weniger als acht aufgelegt
wurden. Werbung für diese Anleiheform wurde unter anderem über die Schu-
len und Zeitungen gemacht, Künstler und Journalisten wurden in die Gestal-
tung der Werbung mit eingebunden, und erstmals wurden für diese Bewer-
bung neben Zeitungen, Flugblättern und Plakaten auch Filme eingesetzt.
Grundsätzlich waren die Kriegsanleihen in Österreich verzinsliche Wertpa-
piere, ausgegeben von der Regierung. Die Verzinsung steigerte sich von zu-
nächst 5,5% bei der ersten Anleihe auf zuletzt 6,25%. Der Ankauf solcher An-
leihen durch Private oder Institutionen kam also einem Kredit an die Regierung
gleich. Zeichnen konnte man die Anleihen bei den Postämtern und Bankin-
stituten, wobei die kleinsten Abschnitte eigentlich 100 Kronen betrugen. Auf
den Postämtern konnte man aber auch Anleihen mit einem Nominalwert von
25, 50 und 75 Kronen erwerben. 90% der Subskribenten nutzten diese Mög-
lichkeit, aber sie deckten nur 20% des Gesamtaufkommens ab. Der größte Teil
der gezeichneten Gelder wurde tatsächlich von Institutionen aufgebracht.
Die Bevölkerung, aber auch Institutionen, bezahlten damit einen Gutteil der
Kriegskosten durch ihre frei verfügbaren Kapitalien. Diese sollten nach einem
siegreichen Krieg zunächst im Jahrzehnt zwischen 1920 und 1930 zurückge-
zahlt werden, am besten auf Kosten der Verlierer.312 Jede der Kriegsanleihen
hatte unterschiedliche Laufzeiten. Versprach die erste Anleihe im November
1914 noch eine Rückzahlungsfrist von wenigen Jahren, war bei der achten und
letzten Anleihe, gezeichnet von Mai bis Juli 1918, ein Tilgungszeitraum in den
Jahren von 1924 bis 1958 vorgesehen.
Zur massiven Propaganda, die schon anlässlich der ersten Auflage einer
Kriegsanleihe im Herbst 1914 entwickelt wurde, kam noch starke Beeinflus-
sung von Seiten der Behörden und der Regierung. So fasste Martin Moll die
Situation mit den Worten zusammen:313
Man wird bei einer sachgerechten Einschätzung der Anleihen und ihrer Resul-
tate folglich zu beachten haben, dass ein erheblicher Teil der gezeichneten
Beträge mitnichten auf angeblich oder wirklich patriotisch gesinnte Privatper-
sonen, sondern auf öffentliche Einrichtungen, Fonds, Stiftungen, Gebietskör-
perschaften usw. entfiel, denen aufgrund massiven Drucks von oben meist
nichts anderes übrig blieb, als ihre (aufgrund der kriegsbedingt rückläufigen
Steuereinnahmen) ohnedies knappen Mittel für diesen Zweck einzusetzen.
Die Technische Hochschule
Graz zeichnet Kriegsanleihen
Vom Wesen der Kriegsanleihen
Erste und zweite
Kriegsanleihe
312 Martin Moll. Die Steiermark im Ersten Weltkrieg. Der Kampf im Hinterland ums Überleben
1914 - 1918 (= Veröffentlichungen der Historischen Landeskommission für Steiermark Band 43),
Graz 1914, S. 125.
313 Moll, wie Anmerkung 312, S. 128.
„ In diesen schweren Tagen“
Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Titel
- „ In diesen schweren Tagen“
- Untertitel
- Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Autor
- Bernhard Reismann
- Herausgeber
- Technische Universität Graz
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-627-7
- Abmessungen
- 20.0 x 25.0 cm
- Seiten
- 334
- Schlagwörter
- Forschungseinrichtung, Universität, Bildung, Krieg, Forschung, TU Graz
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918