Seite - 206 - in „ In diesen schweren Tagen“ - Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
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206 Noch dramatischer kündigten sich die Verhältnisse hinsichtlich der Kohlenver-
sorgung für den Winter 1918/1919 an. Man hatte den Kohlenbedarf für die
Technische Hochschule ohnedies bereits auf außerordentlich geringe 485
Tonnen angesetzt. Dennoch waren von den monatlich in ganz Graz benötigten
17.150 Tonnen Kohle im Oktober 1918 nur rund 9.000 Tonnen sicher zugewie-
sen worden, wobei die Versorgung der Hochschulen hinsichtlich der Zustän-
digkeit zu diesem Zeitpunkt noch immer nicht geklärt war. Zusätzlich hatte
man während des Winters 1917/1918 die Erfahrung gemacht, dass die vorge-
schriebenen Lieferungen nur zu rund 60% auch tatsächlich durchgeführt wur-
den, so dass man mit höchstens 5.000 Monatstonnen Kohle für die Stadt Graz
auch tatsächlich rechnen konnte. Dies reichte gerade für den Küchenbrand
aus, während der Zimmerbrand, die öffentlichen Ämter und Anstalten sowie
die übrigen Bezugsberechtigten gar nicht mehr berücksichtigt werden konn-
ten. Im Grazer Stadtrat läuteten die Alarmglocken, und am 17. Oktober 1918
verfasste das Ernährungsamt der Stadt Graz als zuständige Stelle diesbezüg-
lich eine Denkschrift an die Regierung in Wien. Im Abschnitt „Mittel zur Abhilfe“
wurde unter Punkt 4, „Weitere Maßnahmen“ an erster Stelle ausgeführt:
Unterrichtsanstalten: Hoch- und Mittelschulen und verwandte Lehranstalten
sollen in ganz Österreich während der Winterszeit geschlossen sein und dafür
im Sommer ohne Unterbrechung geöffnet bleiben.
In Graz ist eine solche Maßnahme überflüssig, da an einen Fortbetrieb der
Schulen bei der gegenwärtigen Lage nicht zu denken ist.373
Das Rektorat der Hochschule versuchte in dieser Situation über den kai-
serlichen Rat Oscar Berl in Wien direkt Einfluss auf den Minister für öffentli-
che Arbeiten zu nehmen, um eine direkte Zuweisung von Kohle an die beiden
Grazer Hochschulen durchzusetzen. Minister Homann lehnte dieses Ansinnen
allerdings wegen der sonst zu besorgenden den ganzen Kohleversorgungs-
dienst störenden Weiterungen zu seinem Bedauern am 15. Oktober 1918 ab.374
Parallel dazu teilte Minister Homann dem Rektorat mit, dass die Brennstoff-
versorgung der Technischen Hochschule nicht über das Ministerium erfolgen
könne, sondern grundsätzlich aus dem Landeskontingent inländischer Brenn-
stoffe zu bewerkstelligen sei. Aus diesem Grund könne er dem Ansuchen der
Hochschule vom 23. September 1918 um Zuweisung ausländischer Kohle aus
Oberschlesien ebenfalls nicht nachkommen.375
Hinsichtlich der Beleuchtung musste ab dem Februar 1917 auch bei der Elek-
trizität bedeutend gespart werden. Die Statthalterei teilte dem Rektorat am
27. Februar mit, dass die kaiserliche Verordnung vom 10. Oktober 1914, RGBL
Nr. 274, und die vom Handelsminister am 8. Februar 1917 erlassene Verord-
nung RGBL Nr. 48 betreffend die Sparmaßnahmen bei der Beleuchtung und
373 ATUG, Rektoratsakte 1499 ex 1918, Denkschrift des Grazer Stadtrates vom 17. 10. 1918.
374 ATUG, Rektoratsakte 1520 ex 1918, Schreiben vom 15. 10. und vom 21. 10. 1918.
375 ATUG, Rektoratsakte 1538 ex 1918, Schreiben vom 25. 10. 1918.
„ In diesen schweren Tagen“
Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Titel
- „ In diesen schweren Tagen“
- Untertitel
- Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Autor
- Bernhard Reismann
- Herausgeber
- Technische Universität Graz
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-627-7
- Abmessungen
- 20.0 x 25.0 cm
- Seiten
- 334
- Schlagwörter
- Forschungseinrichtung, Universität, Bildung, Krieg, Forschung, TU Graz
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918