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314 ter Deutsch-Österreichs bei der Ordnung aller staatlichen Beziehungen, welche
die Wohlfahrt und Zukunft des österreichischen Deutschtums erfordern.600 Ein
Anschluss an das Deutsche Reich kam in dieser Kundgebung, anders als in je-
ner der Technischen Hochschule, als Forderung allerdings nicht vor.
Den direkten Kontakt zum provisorischen Nationalrat in Wien hielt die Tech-
nische Hochschule übrigens auch weiterhin.
Hinsichtlich der Ereignisse der letzten Kriegswochen im Südslavischen
Staate, so berichtete das Professorenkollegium der Technischen Hochschule
zum Beispiel am 22. November 1918 an den Deutsch-Österreichischen Staats-
rat, habe sich in der Grazer akademischen Jugend eine große Erbitterung
breitgemacht, die den Wunsch auslöste, die Slaven von den Hochschulen völ-
lig zu entfernen. Eine diesbezügliche Entschliessung konnte bisher verhindert
werden mit dem Hinweise darauf, daß dadurch die vermutlich bestehenden
Unterhandlungen zwischen dem Deutschösterreichischen Staatsrate und den
Regierungen der benachbarten slavischen Staaten gestört werden könnten.
Um diese aufgeheizte Stimmung künftig aber zu beseitigen, müsste die Ge-
währ dafür gegeben sein, daß für das Verbleiben der Slaven an den Hochschu-
len Deutschösterreichs als Kompensation die Aufrechterhaltung Deutscher
Schulen, die freie Einfuhr von Nahrungsmitteln und Kohle aus den slavischen
Nachbarstaaten u. s. w. wie vor der Neugestaltung der staatlichen Verhältnis-
se gesichert würde.
Man würde sich vom Staatsrat wünschen, dass er diesbezüglich Bestimm-
tes in Aussicht stellen könnte.601 Auch an der Technischen Hochschule in Graz
verkannte die Professorenschaft also den völligen Ernst der Lage, was das zu-
künftige Verhältnis der Nachfolgestaaten der Monarchie zueinander betref-
fen sollte.
Mitte Oktober 1918 hatte die drohende Hungersnot während des Winters
1918/1919, aber auch die Sorge vor Ausschreitungen nach einem zu be-
fürchtenden, allgemeinen Zusammenbruch des Staatswesens dazu geführt,
dass sich in der Steiermark Vertreter der Wirtschaft und der Arbeiterschaft
zu geheimen Verhandlungen trafen, die rasch in eine Art Verschwörung ge-
gen den Vertreter des Kaisers, den Statthalter Manfred Clary von Aldringen,
mündeten. Man einigte sich darauf, die Landesverwaltung in eigener Regie zu
übernehmen, wobei die Sicherung der Lebensmittelversorgung zunächst das
vordringlichste Ziel darstellte. Bald engagierte man sich aber auch im Bereich
des Sicherheitswesens. Am 20. Oktober 1918 kam es auf einer Zusammen-
kunft aller maßgeblichen Personen aus Wirtschaft und Politik in einem Gra-
zer Hotel zur Gründung eines 24-köpfigen „Wohlfahrtsausschusses“, der ein
600 ATUG, Rektoratsakte 1510 ex 1910, Schreiben vom 23. 10. 1918.
601 ATUG, Rektoratsakte 1673 ex 1918, Schreiben vom 22. 11. 1918.
„ In diesen schweren Tagen“
Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Titel
- „ In diesen schweren Tagen“
- Untertitel
- Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Autor
- Bernhard Reismann
- Herausgeber
- Technische Universität Graz
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-627-7
- Abmessungen
- 20.0 x 25.0 cm
- Seiten
- 334
- Schlagwörter
- Forschungseinrichtung, Universität, Bildung, Krieg, Forschung, TU Graz
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918