Seite - 323 - in „ In diesen schweren Tagen“ - Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg

323 Die Sachdemobilisierung und die Technische Hochschule Graz Rektor Rudolf Schüssler schrieb am 25. November 1918 an die Wirtschaftsab- teilung des Steiermärkischen Gewerbeförderungs-Institutes: Anlässlich der im Zuge befindlichen Sachdemobilisierung werden viele Maschi- nen und Apparate frei, die dringenden Bedürfnissen unserer heimischen Tech- nischen Hochschule abhelfen könnten. Es kommen hier vor allem in Betracht: Alle Arten von Werkzeugen, Werkzeug- und Materialprüfungsmaschinen (ein- schließlich Apparaten zur Prüfung von Textilwaren und Papieren), Elektromo- toren zum Antrieb dieser Maschinen, Schreib- und Rechenmaschinen, Able- sefernrohre, Mikroskope, Stahlflaschen für komprimierte und flüssige Gase; Lichtpausapparate u. dgl. m. Das Professorenkollegium der Technischen Hochschule in Graz bittet hier- mit ihn[en] bei der Sicherstellung der genannten Gegenstände behilflich zu sein und ist gerne bereit, Fachleute zur Verfügung zu stellen, welche über die diesbezüglichen Bedürfnisse der Hochschule genauen Aufschluss geben, und bei der Auswahl der Gegenstände behilflich sein könnten. Wie wichtig die Pflege moderner Fabrikationsmethoden an der heimischen Technischen Hochschule ist, geht aus einem einzigen Beispiele hervor: von den in der Steiermark gewonnenen Eisenerzen wandert derzeit etwa die Hälf- te in Werke, die nicht zum Verbande Deutschösterreichs gehören. Viele Millio- nen Werte an Verdienst gehen dadurch alljährlich der heimischen Wirtschaft verloren.621 Eine Reaktion der Wirtschaftsabteilung auf dieses Anerbieten ist allerdings nicht überliefert. Klar wird aus diesem Schreiben aber, dass das Professorenkollegium bereits intensiv über die Zukunft seiner Hochschule im neuen Staat nachdachte. Die wirtschaftlichen, und wohl auch die daraus resultierenden sozialen und gesellschaftlichen Herausforderung wurden analysiert, und man war bereit, diese anzunehmen. So ging man also nach dem Ende des Ersten Weltkrieges an der Techni- schen Hochschule in Graz sofort daran, an der Zukunft zu bauen, so wie man sie damals zu verstehen und zu erkennen glaubte. Auch wenn diese Zukunft damals, Ende November 1918, höchst unsicher und ungewiss erschien. Und genau das war sie. 621 ATUG, Rektoratsakte 1660 ex 1910, Schreiben vom 25. 11. 1918.