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Einleitung ‒ Antagonismus, Versöhnung, Gleichgültigkeit?
Obwohl bei diesen Treffen das Hauptaugenmerk auf geschichtspolitischen
und diplomatischen Themen lag, die fernab von innovativen globalen An-
sätzen angesiedelt waren, stellten sie sich letztendlich – inhaltlich, vor allem
aber wegen der dort herrschenden Stimmung – als zwei wichtige Anlässe
heraus. Zu ihren Hauptinitiatoren zählten die Historiker Franco Valsecchi,
Adam Wandruszka, Leo Valiani, Ludwig Jedlicka, Umberto Corsini und Fritz
Fellner, allesamt Vertreter einer historiografischen Tradition mit multinatio-
nalem Charakter, in der die Zweisprachigkeit – welche damals nur wenigen
elitären Kreisen vorbehalten war – auch gelebt wurde. Man könnte fast be-
haupten, diese Historiker waren in das jeweils andere Land verliebt. Es ge-
lang ihnen, diese Veranstaltungen ins Leben zu rufen, die aus wissenschaft-
licher und symbolischer Sicht prägend waren. Es blieb allerdings eine punk-
tuelle Angelegenheit, die mittel- und längerfristig keine Impulse setzte27.
Immerhin wurde der einmal angefangene Dialog aber nicht unter-
brochen. Auch in den darauffolgenden zwei Jahrzehnten trafen sich österrei-
chische und italienische Historiker. Es gelang ihnen aber nicht, den Schwer-
punkt der Debatte auf den ihnen – zeitlich gesehen – nächstgelegenen Zeit-
raum, nämlich die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, zu verlagern. Der Fokus
ihrer Gespräche lag weiterhin auf dem 18. und 19. Jahrhundert28. Das gleiche
Problem trat auch bei einer anderen kulturellen Initiative auf, die Silvio Fur-
lani und Adam Wandruszka ins Leben riefen, als sie in den Siebzigerjahren
an einer „gemeinsamen“ Geschichte Österreichs und Italiens arbeiteten, in
der aber zeitgeschichtliche Ereignisse fast vollständig ausgeklammert wur-
den: Von 270 Seiten waren nur etwa 30 Seiten dem Zeitraum zwischen dem
Ende des Ersten Weltkriegs und der Gegenwart gewidmet29.
27 Maddalena Guiotto, Una generazione postbellica di storici tra Austria e Italia: il loro
contributo al superamento dei pregiudizi reciproci, in: Felix Austria Italia infelix? Tre secoli
di relazioni culturali italo-austriache, hrsg. von Nicoletta Dacrema (Roma 2004) 149 ff.; Heiss,
Rücken an Rücken 118 f.
28 Ähnliches ist auch bei einer neuen „bilateralen“ Publikation festzustellen, die fast 25
Jahre später nach der Veröffentlichung zu den Treffen in Innsbruck und Venedig erschie-
nen ist. Diese Publikation basiert auf den Ergebnissen einer Tagung in Innsbruck von 1995:
Österreichisches Italien – italienisches Österreich? Interkulturelle Gemeinsamkeiten und
nationale Differenzen vom 18. Jahrhundert bis zum Ende des Ersten Weltkrieges, hrsg. von
Brigitte Mazohl-Wallnig, Marco Meriggi (Wien 1999).
29 Silvio Furlani, Adam Wandruszka, Österreich und Italien. Ein bilaterales Geschichts-
buch (Wien–München 1973); Silvio Furlani, Adam Wandruszka, Austria e Italia. Storia a due
voci (Bologna 1974). Das Buch wurde 2002 sowohl auf Deutsch (öbv et hpt, Wien) als auch auf
Die schwierige Versöhnung
Italien, Österreich und Südtirol im 20. Jahrhundert
- Titel
- Die schwierige Versöhnung
- Untertitel
- Italien, Österreich und Südtirol im 20. Jahrhundert
- Autoren
- Andrea Di Michele
- Andreas Gottsmann
- Luciano Monzali
- Herausgeber
- Karlo Ruzicic-Kessler
- Verlag
- Bozen-Bolzano University Press
- Ort
- Bozen
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-88-6046-173-5
- Abmessungen
- 16.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 616
- Schlagwörter
- 20. Jahrhundert, Österreich, Südtirol, Italien, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918